"Tag des Sieges": Putins Muskelspiele auf der Krim
Ich begrüße das Siegervolk! Hurra“, rief Wladimir Putin bei seiner Rede am Roten Platz der Menge zu: Russland feiert heute den 69. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland - den wichtigsten Feiertag des Riesenreiches, das stolz in seiner Vergangenheit schwelgt. Doch heuer ist dies nicht nur eine Demonstration nach innen, sondern vielmehr Signal Richtung Westen: Denn nach der Parade am Roten Platz flog er umgehend auf die Krim, um an der dortigen Flottenparade teilzunehmen.
Angesichts der angespannten Lage in der Ostukraine (siehe unten) sind die Parade der Superlative in der russischen Hauptstadt und die Reise auf die frisch zu Russland gestoßene Krim natürlich deutliche Zeichen der Stärke und der Macht. Etwas, das der scharf kalkulierende Putin so aber nie sagen würde: In seiner Ansprache in Moskau ging er überhaupt nicht auf das Dilemma rund um die abtrünnigen Landstriche in der Ostukraine ein. In seiner Rede in der "Heldenstadt" Sewastopol widmete er nur der "heimgekehrten" Krim einige Worte: "2014 wird in die Chronik des Landes eingehen - als das Jahr, in dem die Völker der Insel selbst bestimmt haben, mit Russland zusammensein zu wollen." Der historischen Richtigkeit werde Genüge getan, so der Präsident.
Kopfschütteln im Westen
Die Geste in Sewastopol, wo auch die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist, ist eindeutig. Dass der ukrainische Premier Jazenjuk schon im Vorfeld von einer "Provokation" gesprochen hatte, wenn Putin auf die Krim flöge, schien den russischen Präsidenten nicht weiter zu stören; auch der Appell der deutschen Kanzlerin, die es "schade" nannte, den Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs "in einem solchen Spannungsfeld" für eine Parade zu nutzen, verhallte ungehört. Putin wollte den "Tag des Sieges" mit Militär- und Flottenparade feiern - es ist schließlich auch sein erster Besuch auf der Halbinsel seit der Annexion.
Flaggenparade auf der Krim
"Alles siegende patriotische Kraft"
Diese Interessen zu wahren, ist auch jetzt Ziel und Zweck des militärischen Schaulaufens an der ukrainischen Grenze. Optisch gemahnte der Rote Platz daran: 11.000 Soldaten, 151 Einheiten schwerer Militärtechnik und 69 Kampfflugzeuge und Hubschrauber nahmen an der Waffenschau teil; Putin selbst gerierte sich dort als Oberbefehlshaber der Armee.
Und auch wenn er es nicht ansprach - ein optischer Verweis auf die Ukraine fehlte nicht: Nachdem Soldaten auf dem Roten Platz aufmarschiert waren, fuhren Panzer vor – und einer trug die Fahne der kürzlich annektierten Republik Krim.
Parade der Superlative in Moskau
Die Lage in der Ostukraine beruhigt sich nicht: Bei Kämpfen in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind laut ukrainischen und russischen Medienberichten mehrere Menschen getötet worden, die Rede ist von 20 Rebellen und einem Polizisten. Im April hatten Separatisten das Rathaus von Mariupol gestürmt und wochenlang besetzt.
Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax versuchten ukrainische Einheiten, ein von Separatisten besetztes Verwaltungsgebäude einzunehmen. Aufseiten der Regierungseinheiten seien ein Polizist getötet und fünf verletzt worden, schrieb Innenministerminister Arsen Awakow am Freitag bei Facebook. Vier Militante wurden demnach festgenommen
Nach Awakows Worten habe eine Gruppe von 60 "Terroristen" eine Polizeistation im Zentrum der Hafenstadt mit mehr als 450.000 Einwohnern angegriffen. Die Behörden im Gebiet Donezk sprachen von drei Toten und 25 Verletzten bei den Zusammenstößen. Mariupol liegt nahe der russischen Grenze.
Behörden sind machtlos
Vor den Volksbefragungen in der Ostukraine über eine Abspaltung von Kiew haben die örtlichen Behörden ihre Machtlosigkeit eingeräumt. Es gebe nicht genügend Einsatzkräfte, um das Referendum der moskautreuen Kräfte an diesem Sonntag (11. Mai) zu verhindern, teilte das Bürgermeisteramt der Großstadt Donezk am Freitag mit.
Aus Sicherheitsgründen solle nicht versucht werden, die Separatisten von der Einrichtung von "Wahlbüros" etwa in Schulen abzuhalten. Die offiziellen Vertreter des russisch geprägten Gebiets lehnen das Referendum als illegal ab. Allerdings sympathisieren auch Polizisten mit den prorussischen Aktivisten.
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