Russland bestätigt Tod von 63 Soldaten durch ukrainische Raketenangriffe

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Verteidigungsministerium räumt hohe Verluste in der Neujahrsnacht ein. Hohe Aktivität von Mobilfunk-Datenverkehr soll Standort verraten haben.

Russland hat nach den ukrainischen Raketenschlägen im Donbass in der Nacht zu Neujahr den Tod von 63 Soldaten bestätigt. Die Raketen seien in eine vorübergehende Unterkunft im von Russland besetzten Ort Makijiwka (russisch: Makejewka) eingeschlagen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Montag mit.

Den Angehörigen werde alle Hilfe zuteil, hieß es in der Mitteilung. Russland nennt sonst kaum Zahlen zu getöteten Soldaten in den eigenen Reihen.

Unterschiedliche Angaben

Es handelte sich um die bisher höchste von Russland selbst genannte Zahl von Toten an einem Ort. Zuvor hatte das ukrainische Militär von 400 getöteten russischen Soldaten und 300 Verletzten gesprochen.

Am Montag berichteten dann auch kremlnahe Telegram-Kanäle und Kriegskorrespondenten von zahlreichen Toten in dem Ort im Gebiet Donezk. Die Rede war von mehr als 70 Toten und mehr als 100 Verletzten.

Die Berichte erhöhten den Druck auf das Ministeriums in Moskau, das am Nachmittag dann plötzlich am Ende des täglichen Kriegsbulletins eine Zahl nannte, die von vielen für zu niedrig gehalten wird. Die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass hatte am Sonntag über einen schweren Angriff auf die Stadt berichtet - und von 15 Verletzten gesprochen. Das wurde weithin als Lüge und Kriegspropaganda kritisiert.

Zu sehen waren in den sozialen Netzwerken Bilder und ein Video von Trümmern eines völlig eingestürzten Gebäudes. Demnach wurden unter den Trümmern weitere Tote und Verletzte vermutet. Medien berichteten, dass die im Zuge der von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung einberufenen Reservisten sich in dem Gebäude versammelt hätten, um Neujahr zu feiern.

Das ukrainische Militär soll wegen der hohen Aktivität von Datenverkehr mit Mobiltelefonen auf den Standort aufmerksam geworden sein. Unbestätigten Berichten zufolge soll sich das Gebäude neben einem Munitionsdepot befunden haben, weshalb es zu verheerenden Explosionen gekommen sei.

Russland griff seinerseits in der Nacht zu Montag die fünfte Nacht in Folge die Ukraine mit Kampfdrohnen an. In vielen Landesteilen gab es Luftalarm. In der Hauptstadt Kiew sei wieder Energie-Infrastruktur beschädigt worden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Es gebe Stromausfälle in der Stadt, die sich auch auf die Wärmeversorgung auswirkten.

Internationale Reaktionen des Tages

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte der BBC, die NATO müsse sich darauf einstellen, die Ukraine langfristig zu unterstützen. Russland habe neue Kräfte mobilisiert. „Das weist darauf hin, dass sie bereit sind, den Krieg fortzusetzen und möglicherweise versuchen, eine neue Offensive zu starten“, sagte Stoltenberg. Die Instandhaltung der an die Ukraine gelieferten Waffensysteme sei mindestens so wichtig wie die Debatte über weitere Waffen.

„Wir brauchen eine enorme Menge an Munition. Wir brauchen Ersatzteile.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigte die langfristige Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine. In einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe sie „dem ukrainischen Volk meine uneingeschränkte Unterstützung und meine besten Wünsche für 2023 übermittelt“, schrieb die deutsche Politikerin auf Twitter. Die Auszahlung der für 2023 vorgesehenen 18 Mrd. Euro werde bald beginnen.

Nach Einschätzung des früheren Bundeswehr- und NATO-Generals Hans-Lothar Domröse könnte es im Laufe dieses Jahres einen Waffenstillstand geben. „Ich rechne im Frühsommer mit einem Stillstand, an dem beide Seiten sagen: Jetzt bringt es nichts mehr“, sagte der Deutsche den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Am wahrscheinlichsten trete zwischen Februar und Mai eine Situation ein, „in der beide Seiten erkennen, dass sie nicht weiterkommen“.

Waffenstillstand ist noch kein Frieden

Dies bedeute aber noch lange keinen Frieden. „Waffenstillstand heißt: Wir beenden das Schießen. Die Verhandlungen dürften lange dauern, man benötigt einen Vermittler: vielleicht UNO-Generalsekretär Guterres, der türkische Präsident Erdogan oder der indische Präsident Modi - wobei sich niemand wirklich aufdrängt.“

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) setzt hohe Erwartungen in das neue G20-Vorsitzland Indien als möglichen Vermittler für Friedensverhandlungen in der Ukraine. „Ich glaube, dass eine große Rolle auf Indien zukommt in diesem Zusammenhang“, sagte Schallenberg am Montag bei einem Besuch des indischen Außenministers Subrahmanyam Jaishankar in Wien. Jaishankar forderte eine Rückkehr zu Dialog und Diplomatie. „Noch sind wir nicht so weit“, schränkte Schallenberg ein.

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