Russland: Agenten-Truppe für Spezialeinsätze
Als klar wurde, dass Sergej und seine Tochter Yulia vergiftet wurden, geriet sehr rasch Sergej Skripals früherer Arbeitgeber in Verdacht: Der GRU – Russlands Militärgeheimdienst, für den Skripal tätig war, um zugleich dem britischen MI6 zuzuarbeiten. Noch mehr erhärtete sich der Verdacht, als sich herausstellte, wie die Vergiftung vonstatten gegangen sein dürfte: Durch ein vergiftetes Parfum, das später in der Wohnung eines britischen Pärchens auftauchte, wobei eine Frau starb. Vor dem Anschlag sollen die Skripals intensiv beschattet worden sein.
Die britischen Behörden sind eigenen Angaben zufolge nah dran, die Täter zu identifizieren. Man kann davon ausgehen, dass sie bereits außer Landes sind, sollte der Verdacht der Briten stimmen.
Und auf der anderen Seite des Atlantik? Da wurden am Freitag zwölf Russen angeklagt, die 2016 an Hackerattacken auf die Demokratische Partei beteiligt gewesen sein sollen. Gearbeitet hätten sie dabei – so die Anklage – für den GRU, Russlands langen Arm im Ausland.
Als die Sowjetunion zerfiel, taten das auch die staatlichen Strukturen und zu weiten Teilen auch ihr Sicherheitsapparat. Über den KGB war viel bekannt, ebenso darüber, wie er zerfiel. Aus ihm ging der FSB hervor. Weniger bekannt war schon immer über den GRU. Und während sich für staatliche Strukturen nach 1991 alles neu ordnete, blieb das dem GRU erspart. Als Teil der russischen Streitkräfte, direkt dem Generalstab unterstellt, blieben er und vor allem sein die Welt umspannendes Netzwerk intakt.
Da es anders als beim FSB kaum Überläufer aus dem GRU gibt, gibt es auch kaum Einblicke in die Struktur des Dienstes. Über GRU-Spezialtruppen wusste die NATO bis in die 1980er-Jahre kaum etwas. Spionageabwehr, Kommandoaktionen hinter feindlichen Linien sowie die Abwicklung von Waffenlieferungen an Moskau freundlich gesinnte Rebellen waren vormals Hauptaufgabengebiete des GRU. Heute zählen dazu aber auch unkonventionelle Kriegsführung, Agitation sowie Hackerangriffe.
Ultranationalist
In der Tat taucht der GRU in den vergangenen Jahren vermehrt in den Biografien von Menschen auf, die Russlands Aktionen im Ausland maßgeblich mittrugen: Igor Girkin etwa, Heerführer auf der Krim während der russischen Annexion, später als militärischer Führer in der Ostukraine aktiv und gefürchtet. Heute tourt der Ultranationalist Girkin als besonders scharfer Kritiker Putins durch Russland (der Kremlchef sei zu weich) – und bleibt unbehelligt, was nicht ohne Deckung Mächtiger geht.
Ein anderer Name ist Dmitir Walerjewitsch Utkin, einst Angehöriger der 2. Spezialaufklärungsbrigade des GRU, heute Unternehmer. Er war es, der das private Sicherheitsunternehmen Gruppe Wagner gründete. Die Gruppe Wagner beteiligt sich massiv am russischen Einsatz in Syrien sowie an Aktionen in der Ostukraine – jeweils in enger Abstimmung mit der russischen Armee. Und wie zahlreiche Berichte nahelegen, in besonders enger Abstimmung mit dem GRU. Wie sich die Gruppe Wagner finanziert, ist nicht bekannt.
Glaubt man dem 1978 aus dem GRU nach Großbritannien übergelaufenen Viktor Suworow, so gibt es kein Ausscheiden aus dem GRU in Frieden: Rekruten werde ein Film gezeigt, in dem zu sehen sei, wie ein Deserteur auf eine Liege gefesselt in einen Ofen geschoben und bei lebendigem Leib verbrannt werde.
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