Russische Invasion abgesagt

Russische Invasion abgesagt
Moskau zeigt Friedenswillen. Dennoch wackelt die Waffenruhe.

Unmittelbar vor der Landung des Kremlchefs in Wien kam die Meldung: Wladimir Putin hat das Parlament in Moskau aufgefordert, dessen grundsätzliche Erlaubnis für einen russischen Einmarsch in der Ukraine wieder aufzuheben. Eine russische Invasion in der Ukraine wird es also vorerst nicht geben, was sowohl in Kiew als auch im Westen Erleichterung auslöste. Begründet hat Putin sein Signal des Entgegenkommens mit dem Inkrafttreten einer Waffenruhe in der Ostukraine.

Doch schon wenige Stunden später stand zumindest diese Waffenruhe schon wieder auf der Kippe. Auslöser war der Abschuss eines Militärhubschraubers mit neun Toten in der Region um die eingekesselte Stadt Slowjansk. Auch die Kämpfe gingen weiter. Ukraines Präsident Poroschenko drohte den Separatisten mit der Aufhebung der Waffenruhe. Er habe den Einheiten erlaubt, bei Angriffen pro-russischer Aufständischer zurückzufeuern.

Didier Burkhalter, Schweizer Bundespräsident und aktueller OSZE-Vorsitzender, hat am Dienstagabend in Wien nach einem Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin zur Ostukraine von einer "Unterstützung des Friedensplans als Ganzes" gesprochen. Er bezeichnete das Gespräch als positiv, Russland wolle sich an der Konfliktlösung beteiligen. Ziel müsse nach der Waffenruhe ein Waffenstillstand sein.

Die Waffenruhe setze einen Anfang für einen politischen Dialog. Auch Putin habe betont, dass eine Waffenruhe allein noch nicht die Lösung sei. Putin habe aber gesagt, er habe keine Möglichkeit, alles selbst in der Region zu entscheiden.

Burkhalter erklärte, es ist nicht alles "schwarz und weiß" in der Ukraine-Krise. Es gebe auch einige Parteien, die einen Waffenstillstand nicht unbedingt wollen. "Es gibt viele Spannungen und Gefühle aller Akteure", sagte Burkhalter. Alle Hauptakteure inklusive Russland könnten Teil der Lösung sein.

Russland hat seine Truppenstärke an der Grenze zur Ukraine nach Erkenntnissen der NATO innerhalb einer Woche von 1000 auf etwa 3000 Soldaten verdreifacht. Das sagte NATO-Sprecherin Oana Lungescu am Montag in Brüssel. Die 2.000 zusätzlichen Soldaten könnten besonders schnell in Einsatzbereitschaftschaft versetzt werden, wenn der politische Wille da sei.

"Was wir an der Grenze beobachten, ist kein Fortschritt zu einer Deeskalation der Situation, sondern (...) es ist ein Schritt zurück", sagte Lungescu. Russland hatte zwischenzeitlich rund 40.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine stationiert, den größten Teil aber wieder abgezogen.

Keine neuen Sanktionen

Trotz des einseitig ausgerufenen Waffenstillstands beruhigt sich die Situation in der Ukraine nur schwer. Zwischen dem Militär und den prorussischen Separatisten kommt es immer wieder zu Scharmützeln. Innerhalb von 24 Stunden hätten militante prorussische Kräfte in den Gebieten Donezk und Lugansk mehr als 20 Mal die Feuerpause gebrochen, hieß es offiziell aus Kiew. Wie die Lage entspannt werden kann, darüber beraten heute einmal mehr die EU-Außenminister in Luxemburg. Erwartet wird auch US-Außenminister John Kerry.

Neue Sanktionen gegen Russland sind laut EU-Diplomaten nicht zu erwarten. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden aber voraussichtlich am Freitag, an dem die Waffenruhe endet, bei ihrem Gipfel in Brüssel darüber sprechen, ob oder unter welchen Umständen Sanktionen erforderlich sind. "Putin sollte nicht daran zweifeln, dass die EU bereit für Sanktionen ist", sagte der britische Außenminister William Hague am Montag vor dem Gipfel. Die Vorbereitungen dafür seien getroffen worden.

Auch aus Washington kommt wiederholt die Aufforderung an Moskau, auf die Separatisten einzuwirken. Andernfalls drohen neue Sanktionen. Die moskautreuen Gruppen wollen nur unter Vermittlung Russlands mit der Zentralmacht in Kiew verhandeln. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte gemäßigten Separatisten zuvor Gespräche angeboten. Einen Dialog mit prorussischen Aufständischen, die "Blut an den Händen" hätten, schloss er aber aus.

Poroschenkos 15-Punkte-Friedensplan sieht unter anderem vor, dass die Aufständischen die Waffen niederlegen und besetzte Gebäude räumen. Zudem müssten Gefangene und Geiseln freigelassen werden, darunter seit Wochen festgehaltene Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Seit Freitagabend gilt zudem die einwöchige Feuerpause der ukrainischen Armee.

In einer Erklärung wollen die EU-Außenminister Russland auffordern, positiv auf Poroschenkos Friedensplan zu reagieren. Die Regierung in Moskau müsse auch jede Unterstützung für die prorussischen Separatisten in der Ostukraine stoppen, hieß es. Die Minister werden auch die Entsendung von Beratern für Reformen des Polizei- und Justizapparates in der Ukraine vorbereiten.

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