„Russiagate“ und Salvinis Schweigen

Immer neue Details zur Lega-Finanzierung aus Moskau, aber der Innenminister blockt alle Fragen ab.

„Die Worte von Conte interessieren mich weniger als null.“  Giuseppe Conte ist immerhin Italiens Regierungschef, der Mitte der Woche im Parlament sprach; der, den die Worte null interessieren, ist sein Innenminister Matteo Salvini.  Das ist  bemerkenswert, wo Conte doch   Salvinis  Lega vom Vorwurf illegaler Parteienfinanzierung aus Russland  in Schutz nahm und sein Vertrauen in alle  Regierungsmitglieder erklärte.

Wer sich von Conte Aufklärung in der Affäre um illegale Gelder für die ultrarechte Lega erhoffte, wurde  enttäuscht. Lega-Chef Salvini würde über „Russiagate“ ohnehin   am liebsten ein Schweigegebot verhängen.  Er hat bisher  jede Stellungnahme im Parlament verweigert. Er leugnet die Anschuldigungen, droht mit Klagen und bezeichnet den Fall als „russische Spionage-Fantasie“ und  „Sommerloch-Geschichte“.

 

Die Mailänder Staatsanwaltschaft indes ermittelt wegen angeblicher russischer Wahlkampffinanzierung für die Lega, u. a. gegen Salvinis Ex-Pressesprecher und engen Mitarbeiter Gianluca Savoini. Die Beweislage verdichtet sich, es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Details ans Licht kommen. Dennoch bestreitet Salvini, dass Mittelsmann Savoini Teil der offiziellen Delegation des Innenministers im Juli beim Fußball-WM Finale in Moskau gewesen sei.
Die Mailänder Finanzpolizei hat laut  Medienberichten auf Savoinis Computer einen regen eMail- und Chat-Austausch mit Salvini gefunden. Zudem hätten, wie La Repubblica und Corriere della Sera berichten, im Juli 2018 fast täglich Telefonate zwischen dem Innenminister und Gianluca Savoini stattgefunden.


 

Treffen im Metropol

Im Oktober 2018 kam es zu dem Treffen dreier  Russen und dreier Italiener, unter ihnen Savoini,  im Hotel Metropol in Moskau. Die Männer  sollen dort einen Öldeal ausgehandelt haben, der 65 Millionen Dollar in die Lega-Parteikassen spülen sollte.

Salvini hat sich stets vehement gegen  EU-Sanktionen für Russland ausgesprochen. Er besuchte in der Vergangenheit mehrmals Moskau. Italienische Zeitungen drucken wieder alte Archivfotos, die Salvini lachend auf dem Roten Platz  zeigen. Bereits im Februar berichtete das Wochenmagazin Espresso über ein Geheimtreffen zwischen Salvini und Russlands  Vize-Premier Kosak – einen Tag  vor dem Treffen der Salvini-Gesandten im Metropol. Salvini war zu einem Forum des italienischen Industrieverbands in Russland eingeladen.

Der oppositionellen Demokratischen Partei (PD) platzte nun  der Kragen. PD-Chef Nicola Zingaretti hat einen Misstrauensantrag gegen Salvini  angekündigt.

Die Moskau-Affäre flog kurz nach dem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang Juli in Rom auf. Wegen der Ähnlichkeiten werden gerne Vergleiche mit dem Ibiza-Video Heinz-Christian Straches gezogen. „Bei Ibizagate gab es jedoch ein Video mit Strache, in diesem Fall spielt Salvini in der Audio-Aufnahme keine Rolle“, sagt der frühere EU-Abgeordnete und Lega-Politiker Mario Borghezio.  Und noch ein Unterschied zu Österreich: Die italienische Fünf Sterne-Lega-Regierung sitzt weiterhin fest im Sattel. Die Frage ist nur, wie lange noch? Nicht nur wegen Russiagate, sondern weil einander Lega, Fünf-Sterne und Premier Conte, trotz momentanen Vertrauens des Letzteren,  nicht mehr grün sind.

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