IS zerstört Weltkulturerbe im Irak

Die Extremisten sollen Ruinen in der Jahrtausende alten Stadt Hatra gesprengt haben.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) setzt ihre Zerstörung altorientalischer Kulturstätten im Irak fort. Am Samstag haben die Dschihadisten nach Angaben der Universität von Mosul (Mossul) Ruinen in der Jahrtausende alten Stadt Hatra (Al-Hadra) gesprengt. "Das stellt einen Verlust dar, der nicht aufgewogen werden kann", sagte Hamid al-Juburi, Leiter der Abteilung für Altertümer der Universität, der Deutschen Presse-Agentur. Die UNESCO hat Hatra als Weltkulturerbe eingestuft.

Hatra liegt rund 110 Kilometer südlich derIS-Hochburg Mosul in der irakischen Provinz Ninive. Die Stadt beherbergt gut erhaltene assyrische Ruinen, die bis ins dritte Jahrhundert vor Christus zurück datieren. In ihrem Wert ist Hatra mit den Ruinenstädten des syrischen Palmyra und des libanesischen Baalbek vergleichbar.

Auch Nimrud zerstört

Nach Angaben des irakischen Antikenministeriums begannen die Extremisten außerdem zuvor damit, die Überreste der antiken Stadt der Assyrer am Ufer des Tigris, Nimrud, mit Planierraupen zu zerstören. IS-Kämpfer hätten begonnen, Nimrud mit Planierraupen zu zerstören, teilte das Ministerium für Tourismus und Altertümer mit. Ein Vertreter der Antikenverwaltung sagte, das Ausmaß der Zerstörung sei noch unklar. Es seien auch Lastwagen an Ort und Stelle gesichtet worden, die womöglich zum Abtransport von Kunstgegenständen verwendet wurden. Die Extremisten stehen im Verdacht, sich auch durch den Verkauf von archäologischen Fundstücken aus Grabungen und Museen zu finanzieren.

"Die absichtliche Zerstörung von Kulturerbe ist ein Kriegsverbrechen", erklärte die Direktorin der UNO-Kulturorganisation (UNESCO), Irina Bokova, in Paris. Alle politischen und religiösen Anführer der Region müssten deutlich machen, dass es keine Rechtfertigung für diese Zerstörungen geben könne. Sie habe den UNO-Sicherheitsrat und den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH bzw. ICC) angerufen, erklärte Bokova. Die Dschihadisten zerstörten "systematisch das jahrtausendealte irakische Erbe".

Nimrud liegt am Ufer des Tigris rund 30 Kilometer südöstlich von Mossul. Die im 13. Jahrhundert vor Christus gegründete Stadt gehört zum wertvollsten Erbe der assyrischen Ära. "Der Schaden ist kaum zu bemessen", sagte der Vize-Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin, Lutz Martin. Die Restaurierung der bis zu 3.000 Jahre alten Skulpturen sei kaum mehr vorstellbar.

Gemäß der extremen Interpretation des Islam der Dschihadisten sind Götterbilder und Heiligengräber verboten, da nichts außer Gott selbst angebetet werden dürfe. So hatten die Extremisten bereits die Zerstörung antiker Statuen im Museum von Mossul und an der Ausgrabungsstätte von Ninive begründet.

"Verbrechen gegen die ganze Welt"

Der oberste Geistliche der Schiiten im Irak, Großayatollah Ali al-Sistani, verurteilte die Zerstörungen. Diese seien ein weiterer Beweis für "die Rohheit, die Barbarei und die Feindseligkeit (der sunnitischen Dschihadisten) gegenüber den Irakern", hieß es in einer Predigt, die in Kerbala verlesen wurde. Die oberste sunnitische Lehranstalt, die Al-Azhar-Universität in Kairo, sprach von einem "Verbrechen gegen die ganze Welt", das die Geschichte nicht vergessen werde und das einen Verstoß gegen den Islam darstelle.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte, die "gezielte Zerstörung unseres gemeinsamen Kulturerbes ist ein Kriegsverbrechen, das einen Angriff auf die ganze Menschheit bedeutet". Der Nationale Sicherheitsrat der USA bezeichnete die Zerstörungen als "unverständlich" und zeigte sich "tief traurig". Die jordanische Königin Rania forderte am Donnerstagabend in London, die IS-Miliz umzubenennen, da sie "nichts Islamisches" habe. Es handle sich um eine "Bande Verrückter, die uns ins Mittelalter zurückführen wollen".

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