Ein Familienmensch, der mit Gattin Svetlana und Sohn glücklich wahlkämpfend durch die Lande zieht, war Robert Fico nie. Der 59-jährige Chef der Smer-Partei ist eher ein Mann harter Worte und harter Bandagen: Keine Waffen mehr für die Ukraine, versprach er, und tauchte im Wahlkampf tief ein in die anti-amerikanische, anti-westliche und migrationsfeindliche Stimmungslage vieler Slowaken.
Fico, Sieger der Wahlen vom Sonntag, schickt sich an, ein viertes Mal Premier der Slowakei zu werden. Am Montag wurde er mit der Regierungsbildung beauftragt.
Wird der vierschrötige Vollblutpolitiker mit dem kantigen Haarschnitt die Slowakei vom zuverlässigen EU-Partner zum europäischen Bremsklotz umbauen, wie Gegner in Brüssel befürchten?
In der Slowakei selbst winken nahezu alle ab, die näher mit ihm zu tun hatten: Ein „aalglatter Realpolitiker“ sei er, lautet der Tenor der meisten Politologen.
➤ Mehr dazu hier: "Putsch in der Slowakei"„Pragmatisch“, sagen andere, und auch Martin Kahanec, Ökonom und Professor an der Central European University (CEU) in Wien, hat beobachtet:
„An ein und demselben Tag schimpfte Fico damals als Premier auf Migranten, während sein Arbeitsminister ankündigte, dass sich die Slowakei für Zuwanderer öffnen werde.“
Populistische Töne fürs eigene Publikum – und viel konsensualere Sprüche im Ausland. So kenne man Fico bisher, meint Kahanec: „Aber das kann sich jetzt geändert haben. Er steht unter enormem Druck. Einer der Hauptgründe, warum Fico jetzt in die Politik zurückwollte, sind die vielen Ermittlungen und Verfahren gegen ihn und seine Gefolgsleute.“
Im Visier der Justiz
Mindestens 200 Personen im Umfeld des Ex-Premiers sind im Visier der Justiz. Ihr undurchschaubares Geflecht aus Unternehmen und Politikern hat ein dichtes Netz der Korruption geschaffen. Als der Investigativjournalist Jan Kuciak vor fünf Jahren auf dieses Netz stieß, wurden er und seine Freundin erschossen. Dieser Mord schockierte die Slowakei zutiefst – in Folge musste Fico nach Massenprotesten höchst unfreiwillig abtreten.
Dass dabei der Blick auch auf Ficos extrem hübsche Beraterin Maria Trsokova fiel, tat dem Ruf des verheirateten Premiers überdies nicht gut. Und schon einige Jahre davor war der Name einer Parteimitarbeiterin durch die Medien gegeistert, die sich der Gunst des Premiers sowie diverser finanzieller Zuwendungen erfreut haben soll.
Nach seinem Abgang zog sich der Jurist Fico aus der Politik zurück. Er strebte vor einigen Jahren einen ruhigeren Job an der Spitze des Verfassungsgerichtshofes an.
Wieder nach ganz oben
Doch dem Machtmenschen kam nie ganz der Wille abhanden, in Bratislava wieder ganz oben zu landen. Mit Disziplin und Taktik hat sich Fico schon als junger Mann aus einer Mittelschichtfamilie in der Kleinstadt Topolcany hochgearbeitet. Ein Rebell war er dabei nie:Als sein heutiger politischer Alliierter Viktor Orbán offen gegen die ungarischen Kommunisten revoltierte, trat Fico noch der slowakischen KP bei. Den späteren Postkommunisten blieb er treu, bis er seine eigene Partei Smer („die Richtung“) gründete.
Dort ist er es allein, der den Ton angibt. Und das durchaus rüde: Mit deftigen Schimpfworten bedenkt er nicht nur Journalisten, sondern auch politische Gegner und sogar Präsidentin Zuzana Capoutova.
Wer aufmuckt, muss gehen, wie einst Ficos enger Gefolgsmann Peter Pellegrini. Der gründete nach dem Bruch mit Fico seine eigene Partei – Hlas – und ist heute der wichtigste Partner, den Fico für eine Koalition braucht.
Und so ist es auch Pellegrini, der durchblicken ließ, dass Ficos hammerharte Versprechen vor den Wahlen danach vielleicht ganz anders klingen. „Die Slowakei ist ein Waffenproduzent“, sagte Pellegrini, „und wenn die Ukraine zahlt, liefern wir.“
Politologe Kahanec wäre deshalb „kaum überrascht, wenn nicht doch wieder Waffen an die Ukraine geliefert werden. Aber Fico wird vermutlich nicht groß drüber reden wollen.“
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