Schüsse auf Rettungsschiff? Jetzt erntet EU-Kommissar Brunner Kritik

Magnus Brunner spricht am Rednerpult mit EU-Logo.
Die EU-Kommission unterstützt die libysche Küstenwache mit Millionen. Dutzende Hilfsorganisationen fordern nun die Einstellung.

Zusammenfassung

  • Mehr als 40 Hilfsorganisationen fordern nach mutmaßlichen Schüssen auf ein Rettungsschiff das Ende der EU-Finanzierung für die libysche Küstenwache.
  • Die EU-Kommission unterstützt die libysche Küstenwache seit 2017 mit Millionenbeträgen und verweist auf laufende Ermittlungen zu dem Vorfall.
  • NGOs kritisieren, dass die EU-Unterstützung Menschenrechtsverletzungen ermöglicht und fordern ein EU-finanziertes Rettungsprogramm im Mittelmeer.

Nach den mutmaßlichen Schüssen auf ein Rettungsschiff haben mehr als 40 Hilfsorganisationen die EU-Kommission aufgefordert, die Finanzierung der libyschen Küstenwache einzustellen. "Die Europäische Kommission muss die Rechtsstaatlichkeit an ihren Seegrenzen wiederherstellen und die Zusammenarbeit mit Libyen unverzüglich aussetzen", schrieben die Gruppen in einem Brief an EU-Migrationskommissar Magnus Brunner und die EU-Kommissarin für den Mittelmeerraum, Dubravka Šuica.

"Menschenleben dürfen nicht im Namen der Grenzkontrolle missachtet werden", heißt es in dem Schreiben, das auch von Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen unterzeichnet ist.

Das Rettungsschiff "Ocean Viking" soll nach Angaben der Hilfsorganisation SOS Méditerranée Ende August in internationalen Gewässern von der libyschen Küstenwache beschossen worden sein. Die Freiwilligen waren demnach gerade auf der Suche nach einem in Not geratenen Boot gewesen. An Bord des Rettungsschiffs befanden sich den Angaben zufolge neben der Besatzung bereits 87 Gerettete. Verletzt wurde niemand. SOS Méditerranée hatte in Italien Anzeige erstattet.

EU-Kommission unterstützt libysche Küstenwache mit Millionen

Ein Kommissionssprecher verwies auf laufende Ermittlungen durch die libyschen Behörden und beantwortete keine Fragen zu Details des Vorfalls. Vertreter der EU hätten Libyen bereits kurz nach dem Vorfall dazu aufgefordert, nationalen und internationalen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen. Zudem sagte er, es sei wichtig, engagiert zu bleiben, um die Lage in Libyen zu verbessern.

Die Kommission unterstützt laut ihrer Website seit 2017 eine von Italien geleitete Initiative zur Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache mit 69,5 Millionen US-Dollar (58,93 Mio. Euro). Die NGOs beklagten in ihrer Erklärung: "Acht Jahre EU-Unterstützung haben die Menschenrechtsbilanz dieses Akteurs nicht verbessert, sondern Missbräuche ermöglicht und legitimiert." Stattdessen brauche es ein von der EU finanziertes Such- und Rettungsprogramm im zentralen Mittelmeerraum.

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