Respekt leben, Konflikte lösen

Der Wiener Rabbi Schneier rief, und alle kamen ins "Waldorf Astoria".

Der Grand Ballroom im Hotel "Waldorf Astoria" sieht aus wie ein plüschiges Theater, mit Logen in mehreren Etagen und einer Bühne. Er ist den ganz noblen Veranstaltungen in New York vorbehalten, der jährliche "Wiener Opernball" findet auch hier statt.

Heute hat ein Wiener eingeladen, der in seiner Stadt nicht leben durfte, weil er Jude war. Der 8-jährige Arthur Schneier musste 1938 mit seiner Familie fliehen, in Budapest hat er den Holocaust überlebt, in New York wurde er ein anerkannter Rabbiner. Versöhnung gegen Hass, das wurde sein Lebensthema, Menschen und Religionen zusammenführen seine Aufgabe. Zu diesem Zweck hat Rabbi Schneier 1965 die Stiftung "Appeal of Conscience", Appell ans Gewissen, ins Leben gerufen. Papst Franziskus hat ihm dafür den Silvester-Orden verliehen.

Wenn Schneier ruft, dann kommt der Kardinal von New York, Timothy Solange, ebenso wie die Prinzessin Basmah bint Saud – ganz in Weiß – sowie Vertreter verschiedener christlicher Kirchen. Und natürlich die Sponsoren: große amerikanische Konzerne. Es dauert eine Weile, bis alle Ehrengäste auf der Bühne Platz genommen haben, unter ihnen auch Bundeskanzler Christian Kern, ein "junger Politiker, auf den viele in Europa hoffen", wie Schneier meinte.

Ehrengast war der französische Staatspräsident François Hollande, er erhielt den World Statesman Award, der jährlich vergeben wird. Hollande war anzusehen, dass er den Abend genoss, bei ihm zu Hause wird ja schon mehr über seine Nachfolge spekuliert, als über ihn geredet. Aber hier wurde er für sein Land ausgezeichnet, das zuletzt hart vom Terrorismus getroffen wurde, aber sich weiter aktiv für Menschenrechte und Religionsfreiheit einsetze. Das hob der frühere US-Außenminister Henry Kissinger hervor.

"Nicht resignieren"

Kissinger hat ein Buch über die "Weltordnung" geschrieben, die er in Gefahr sieht. Freiheit und Menschenrechte seien überall in Gefahr, vor allem dadurch, dass in immer mehr Regionen der Welt ein territoriales Vakuum entstehe, das die Staaten und damit die Weltordnung bedrohe, wie in Syrien und Teilen Afrikas. Hollande verwies auf die weltweiten Herausforderungen durch Klimawandel, Terrorismus und Kriege. "Wir dürfen nicht resignieren", so Hollande, "im Gegenteil. Eines Tages wird man uns dafür verdammen, wenn wir den Krieg in Syrien nicht bald beenden."

Bei der noblen Feier wurde auch Carlos Slim geehrt, der im Moment viertreichste Mensch und Miteigentümer der Telekom Austria. Sein Vater, ein maronitischer Christ, ist 1902 als Khalil Salim aus dem Libanon nach Mexiko geflüchtet und nannte sich dort Slim. Er wurde Händler, Sohn Carlos musste schon als Bub im Laden mithelfen. Bei der Feier erinnerte Carlos Slim, 76, an seine Lebensgeschichte und meinte, die USA seien nach wie vor das Land der Träume für viele Menschen weltweit. Und die USA würden davon profitieren, dass immer wieder junge Leute ins Land kommen, die alles besser machen wollen. Der Wohlstand in den USA sei das Ergebnis einer offenen Gesellschaft.

Bei der UNO-Generalversammlung in New York geht es gerade um die Grenzen der Migration und um Bemühungen, diese einzuschränken, sowohl durch die Lösung von Konflikten, aber auch durch Maßnahmen, Flüchtlinge in ihrer Region zu halten. Im Waldorf Astoria wurde klar, dass es ohne Zuwanderung nicht geht, dass dabei aber auch der Respekt vor anderen Lebensweisen und Religionen wesentlich ist. Wie diese Herausforderungen friedlich zu lösen sind, weiß in der Praxis noch keiner. Dass die Alternative schrecklich ist, wussten hier noch einige Ältere, aus eigener grausamer Erfahrung. Rabbi Schneier will nicht aufgeben, dass andere aus seinem Leben lernen.

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