"Sie schlafen einfach auf der Straße"
Nein, die Aussichten sind nicht gut. Aber Zeqiri Beg will die Hoffnung nicht aufgeben. "Ich will, dass meine zwei Söhne hier studieren", sagt der 46-Jährige. Seine Hände liegen gefaltet in seinem Schoß. Er blickt auf den Boden. "Vielleicht klappt es ja doch noch."
Im Lageso, kurz für Landesamt für Gesundheit und Soziales, hilft er dann jenen, die bisher deutlich weniger Glück hatten als er. Hunderte sind es, die vor dem Amt in Berlin-Moabit in der prallen Sonne in der Wiese liegen, manche schlafen. Sie warten auf einen der begehrten Übernachtungsplätze. Zeqiri Beg erklärt ihnen auf Albanisch oder Serbisch, wo sie unterkommen können.
Tagelanges Warten
Viele der Menschen warten aber vergebens auf ein Quartier – und " das zum Teil mehrere Tage ", sagt Nora Brezger. Die junge Frau arbeitet für den Berliner Flüchtlingsrat, einer NGO, die sich für die Belange von Asylsuchenden einsetzt. 4000 Flüchtlinge versuchten allein im Juli, in Berlin unterzukommen. "Gut tausend davon hat die Behörde in die Obdachlosigkeit geschickt", sagt Brezger.
Der Ärger ist ihr deutlich anzusehen. Weil die Erstaufnahmezentren alle völlig überfüllt sind, bringt man die Asylsuchenden in Hostels unter . "Die Behörde gibt 50-Euro-Übernachtungs-Gutscheine aus, mit denen die Flüchtlinge sich selbst eine Bleibe suchen sollen", sagt Brezger. Doch fündig werden sie fast nie: "Die meisten Hostels sind ja saisonbedingt mit Touristen voll." Andere lehnen die Flüchtlinge ab, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht hätten – "denn die Zahlungsmoral der Behörde lässt zu wünschen übrig".
Was mit den Abgewiesenen passiert? "Sie schlafen einfach auf der Straße", sagt Brezger. "Ganze Familien campieren im Tiergarten oder beim Hauptbahnhof." Unzumutbar sei das, für alle.
Die Behörde reagiert auf die Kritik mit Abwehr. Ja, man habe Kenntnis von der Problematik. Es sei auch "nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen Menschen auch mal eine Nacht auf der Straße oder in Parks verbringen müssten", so das offizielle Statement seitens des Berliner Senats.
Die Tür ist immer offen
Manfred Nowak ärgern solche Aussagen. Kommentieren will er sie aber nicht. Schließlich muss er mit der Behörde sein Auslangen finden. Nowak leitet die Arbeiterwohlfahrt Berlin-Mitte, einen karitativen Verein, der in elf Einrichtungen insgesamt 3500 Flüchtlinge im Stadtgebiet betreut.
Sein Haus sei ein Vorzeigeprojekt, sagt Nowak. Es gibt einen Kindergarten, eine Sprachschule, die Grünanlage ist wunderschön. Für jene, für die gerade kein Zimmer frei ist, werden Feldbetten aufgestellt; 550 Menschen sind derzeit in der Anlage untergebracht, gut 100 mehr, als vorgesehen.
Geht es nach den Anrainern, sollen es künftig aber viel weniger werden: "Die Akzeptanz fehlt", sagt Nowak. Unterstützt von einem CDU-Bundestagsabgeordneten setzen sich einige aus der Umgebung dafür ein, dass das Haus an der Havel geschlossen wird. Bis Jahresende läuft der Vertrag, dann werde jedenfalls verkleinert. "Danach müssen wir weitersehen."
Ob bis dahin der Asylbescheid für Zaqiri Beg undseine Familie vorliegt, ist ungewiss. Er tut weiter alles dafür, bleiben zu können – er spricht gutes Deutsch, hat in den 1990ern schon mal in Deutschland gelebt. Ob das was helfen wird? "Wir sind ja nicht aus einem Kriegsgebiet", sagt er und schüttelt den Kopf.
Er weiß: Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus dem Kosovo liegt in Deutschland bei unter einem Prozent.
Kommentare