Regierungskandidat wird neuer Präsident in Georgien
In Georgien werden Staats- und Regierungschef künftig wohl von ein und derselben Partei gestellt: Laut übereinstimmenden Nachwahlbefragungen zwei privater Fernsehsender holte der Kandidat der Regierungskoalition Georgischer Traum, Giorgi Margwelaschwili, am Sonntag schon im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl zwei Drittel aller Stimmen. Sein Hauptrivale, Ex-Parlamentspräsident David Bakradse von der Vereinigten Nationalen Bewegung des amtierenden Staatschefs Micheil Saakaschwili, räumte am Abend seine Niederlage ein. Die drittbekannteste Kandidatin, Saakaschwilis ehemalige Mitstreiterin und jetzige Rivalin Nino Burdschanadse, landete demnach abgeschlagen im Hintertreffen. Insgesamt hatten sich 23 Kandidaten um das höchste Staatsamt in der 4,5 Millionen Einwohner zählenden Kaukasusrepublik beworben.
Der 44-jährige Akademiker Margwelaschwili verfügt nur über geringe politische Erfahrung, war aber unter dem schwerreichen Regierungschef Bidsina Iwanischwili zeitweise Bildungsminister des Landes. Schon vor der Wahl war er als klarer Favorit gehandelt worden. Der ehemalige Philosophieprofessor war sich seines Sieges gar so sicher, dass er für den Fall eines Ergebnisses unter 50 Prozent seinen freiwilligen Rückzug in Aussicht gestellt hatte.
Staatschef Michail Saakaschwili, der einstige Held der friedlichen Rosenrevolution von 2003, durfte gemäß Verfassung kein drittes Mal kandidieren. Sein Favorit, der frühere Parlamentschef David Bakradse, kam den Befragungen zufolge auf 22,2 Prozent der Stimmen. Ich gratuliere Giorgi Margwelaschwili zu seinem Wahlsieg und dem Vertrauen, das ihm das georgische Volk ausgesprochen hat", sagte Bakradse schon nach Bekanntwerden der ersten Zahlen. Anhänger von Saakaschwili, der als pro-westlich gilt und nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte, hofften letztlich vergebens auf einen Erfolg seines politischen Schützlings.
EU-Ambitionen
Der künftige Präsident wird wegen einer Verfassungsänderung deutlich weniger Befugnisse haben. Die Ex-Sowjetrepublik, die keine diplomatischen Beziehungen mit Russland hat, strebt in die EU und in die Nato. Die EU hatte sich zuletzt aber besorgt darüber geäußert, dass in Georgien mehrere Ex-Minister und auch ein Ex-Ministerpräsident in Haft sitzen. Dabei wurde nicht ausgeschlossen, dass es dem jetzt scheidenden Saakaschwili auch so gehen könnte. In Georgien war deshalb zuletzt offen spekuliert worden, Saakaschwili könne bald nach der Wahl das Land verlassen, um einer Anklage zu entgehen.
Die Unsicherheit in Georgien wird international mit Sorge gesehen. Georgien mit seinen 4,5 Millionen Einwohnern kommt als Transitland bei der Energieversorgung vom Kaspischen Meer nach Europa eine große Bedeutung zu. Zudem liegt das Land
an strategisch wichtiger Lage zwischen Russland, dem Iran, der Türkei und Zentralasien.
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