Rassistischer Brandanschlag auf Schule

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu versprach, "mit aller Kraft" die Ruhe in der Stadt wiederherzustellen.
Unbekannte haben ein Feuer in einem Klassenraum gelegt und araberfeindliche Parolen hinterlassen.

Ein rassistisch motivierter Brandanschlag auf eine bilinguale Musterschule in Jerusalem hat in Israel am Sonntag große Bestürzung ausgelöst. Unbekannte Täter hatten am Vorabend in der Hand-in-Hand-Schule ein Feuer in einem Klassenraum gelegt und auf den Außenmauern araberfeindliche Parolen hinterlassen, wie Reporter berichteten.

Nationalistische Parolen

Keine Lösung gab es zugleich in der israelischen Regierungskrise, ausgelöst durch die beabsichtigte Beschneidung der Gruppenrechte nationaler Minderheiten. Die Bildungseinrichtung im Süden Jerusalems, in der mehr als 624 Schüler auf Hebräisch und Arabisch unterrichtet werden, gilt als Symbol für das Streben nach einem friedlichen Zusammenleben von Juden und Arabern. Die Polizei erklärte, dass es sich offenbar um "einen Brandanschlag mit nationalistischen Motiven" gehandelt habe. Darauf deuteten die nahe dem Tatort aufgesprühten Parolen wie "Tod den Arabern" oder "Keine Koexistenz mit dem Krebs" hin.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu versprach vor der wöchentlichen Kabinettsitzung, "mit aller Kraft" die Ruhe in der Stadt wiederherzustellen. Israels Justizministerin Zipi Livni besuchte die Schule und verkündete eine "Nulltoleranz-Strategie" gegen alle rassistischen Gewalttäter.

Die palästinensische Schulleiterin Nadja Knani erklärte: "Im Umfeld der Schule kam es zuletzt häufiger zu Zwischenfällen, aber noch nie im Inneren des Gebäudes." Die Täter waren durch ein Fenster in die Schule eingedrungen und hatten in einem Raum Bücher und Hefte aufgehäuft und in Brand gesteckt. Das Klassenzimmer brannte komplett aus. Ein Feuer, das in einem zweiten Raum entfacht wurde, erlosch dagegen.

Demonstrationen

Am Samstag demonstrierten rund 800 Menschen vor der Residenz Netanyahus gegen ein geplantes Gesetz, das Israel als Nationalstaat ausschließlich des jüdischen Volkes definieren soll. Die Bewegung "Frieden jetzt" hatte zu der Kundgebung aufgerufen, weil das Gesetz für "Nationalismus und Rassismus" stehe und das Land zu ruinieren drohe. Auch oppositionelle Parlamentsabgeordnete nahmen teil.

Rassistischer Brandanschlag auf Schule
epa04509145 An Israeli takes part in a pro-democracy, anti-racism rally against Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu's controversial 'Jewish Nation-state' bill as a few hundred people gathered at theprime minister's Jerusalem residence, late 29 November 2014. Israeli media are saying the the prime minister's bill could lead to early elections due to bill's opposition in promoting the state's Jewishness over its democratic principles and that a poll shows 45 percent of Israeli believe it is time for Netanyahu to retire. EPA/ANNA LOSHKIN

Das Regierungskabinett hatte am vergangenen Sonntag radikale Gesetzentwürfe passieren lassen, die vorsehen, der Wahrung der jüdischen Identität des Staates Israel Vorrang vor seinem demokratischen Charakter einzuräumen, wenn sich beide Werte widersprechen. Einer der Texte sieht zudem vor, das Arabische als zweite Amtssprache abzuwerten.

Obwohl Netanyahu ankündigte, im weiteren Gesetzgebungsverfahren einen abgeschwächten Entwurf vorzulegen, löste das Vorhaben eine schwere Koalitionskrise aus. Denn die vom Ministerpräsidenten bisher nur in Grundzügen umrissenen Vorschläge, sehen zwar die Garantie der individuellen Rechte für alle Bürger Israels vor, lehnen aber Volksgruppenrechte für die starken Minderheiten ab. Um Zeit zu gewinnen, ließ Netanyahu die für den kommenden Mittwoch anberaumte Abstimmung in der Knesset erneut verschieben.

Vorgezogene Neuwahlen erwartet

Unterdessen bringen sich angesichts allseits erwarteter vorgezogener Neuwahlen bereits die Rivalen des Amtsinhabers in Stellung. Der einstige Parteikollege Netanyahus und frühere Sozialminister Moshe Kachlon rief 350 Getreue zusammen, um die Gründung einer eigenen Partei vorzubereiten. Kachlon plädiert für eine stärkere Betonung von Sozialreformen und die Wiederannäherung an die israelischen Verbündeten im Ausland. Aktuelle Umfragen ergeben, dass die noch namenlose Partei einen Stimmenanteil von mindestens zehn Prozent erreichen könnte.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman, vom ultranationalistischen Flügel der Regierungskoalition, veröffentlichte unterdessen ein Manifest seiner Partei Unser Haus Israel, das als Plattform bei den erwarteten Neuwahlen dienen soll. Zentraler Bestandteil ist dort das Vorhaben, den arabischen Israelis "wirtschaftliche Anreize" für das Verlassen des Landes zu bieten. Diese Bevölkerungsgruppe stellt mit 1,7 Millionen Menschen gut ein Fünftel der Staatsbürger Israels.

Netanyahu kämpft mit sinkender Popularität

Israels rechtsorientierter Regierungschef Benjamin Netanyahu (65) hat laut einer neuen Umfrage deutlich an Beliebtheit verloren. Nur noch 38 Prozent der Befragten waren mit seiner Leistung als Ministerpräsident zufrieden, wie die israelische Zeitung "Haaretz" am Sonntag berichtete. Anfang August, während des Gaza-Krieges, waren es noch 77 Prozent.

Laut der neuen Umfrage glauben auch nur noch 35 Prozent der Befragten, dass Netanyahu für das Amt des Regierungschefs geeignet ist. 47 Prozent sprachen sich für einen Rücktritt aus.

Angesichts schwerer Spannungen in Netanyahus Regierungskoalition wird mit möglichen Neuwahlen im kommenden Jahr gerechnet. Als Auslöser für die Krise in der Mitte-Rechts-Koalition gilt der Streit über einen Gesetzesentwurf, mit dem der jüdische Charakter des Staates Israel gestärkt werden soll. Außerdem gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen Netanyahu und Finanzminister Jair Lapid.

Laut Umfrage glauben 41 Prozent der Befragten, dass Netanyahu sich für das umstrittene Nationalitätsgesetz einsetzt, um seine Position vor internen Wahlen in seiner rechtsorientierten Likud-Partei im Jänner sowie im rechten Wählerspektrum zu stärken. Netanyahus Regierung war im März 2013 vereidigt worden, Neuwahlen wären daher regulär erst 2017 fällig.

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