Queen-Jubiläum in London: Das lang ersehnte Erscheinen
Hüte, Fahnen, Nagellack in Rot-Weiß-Blau: Zigtausende pilgerten zum Buckingham Palace zur „Trooping the Colours“-Geburtstagsparade. Die Queen nahm den Salut erstmals vom Palast aus entgegen
Es ist der Moment, auf den alle gewartet haben: Die Glastür bewegt sich und Queen Elizabeth II. tritt in veilchenblauem Kostüm und sicherem Schritt auf den Balkon des Buckingham Palace. Für den kürzesten Moment ist da eine Pause, ein Luftholen, ein Aufatmen: Sie hat es geschafft, sie nimmt den Salut ab. Zwar nicht inmitten der Parade wie üblich, sondern auf dem Balkon – aber sie ist da.
Und dann wird gejubelt, geklatscht, gepfiffen; die Begeisterung hallt durch die Londoner Innenstadt. Zigtausende Fans haben sich zur traditionellen Geburtstagsparade „Trooping the Colour“ im Zentrum eingefunden. Es ist jedes Mal ein Ereignis, wenn 1.400 Soldaten und rund 200 Pferde in perfekter Formation ihren Tribut zollen. Dieses Jahr ist es ein besonders Event, stellt es doch den Auftakt der Feierlichkeiten rund um das Platinum-Jubilee-Wochenende dar, den Feiern zum 70-jährigen Thronjubiläum. Noch kein englischer Monarch hat das Fest begangen.
Champagnerkorken knallen
Umso größer war die Sorge, als in den Wochen zuvor Berichte um Krankheit und Bewegungsschwierigkeiten der Königin die Runde machten. „Oh, ich habe nicht daran gezweifelt, dass sie dabei sein wird“, sagt die Londonerin Linda Ball; ihre Augen vor Begeisterung noch leicht glasig. „Sie weiß immer, wann es wichtig ist, da zu sein.“ Linda Ball sitzt mit ihrer Familie auf einer Picknickdecke mitten auf einer Verkehrsinsel im Stadtzentrum. „Wir haben es nicht mehr bis ganz nach vorne geschafft“, erklärt sie. Die Parade haben sie am Handy verfolgt und den Champagner einfach hier geköpft.
Seit den frühen Morgenstunden hat es in London einen steten, rot-weiß-blauen Menschenstrom Richtung Zentrum gegeben. Die Besucher kamen in Union-Jack-Hüten, funktionierten Flaggen zu Capes um oder trugen T-Shirt mit Jubiläumsfotos.
Um kurz nach acht Uhr stehen Sarah Roblett, 64, und ihre Freundinnen aus Bedfordshire vor dem Tor in der Melbourne Road. Eine Traube Menschen hat sich vor dem Eingang zum St. James Park gebildet und sie kann vorerst nicht weiter. Dabei ist Sarah um vier Uhr aufgestanden, um rechtzeitig in der Hauptstadt zu sein. Früher, meint ihre Freundin Lorraine Burgess, hätten sie ja im Park gecampt. „Aber dafür sind wir heute zu alt.“ Das Outfit haben sie dennoch sorgfältig zusammengestellt. Sie präsentieren ihre Glitzerhütchen und sogar passend lackierten Fingernägel. Das Land hat sich herausgeputzt.
Das Wetter meint es gut
Die Aufregung liegt am späten Vormittag schwer in der Luft. Alle wollen vor dem Beginn der Zeremonie einen Platz ergattern, einige sind verärgert, dass es nicht mehr Bildschirme gibt. Kurz vor elf Uhr läuft eine erste Welle der Aufregung durch die Zuschauerreihen, als die drei Kutschen mit den Ehrengästen das Stadtschloss verlassen. Camilla, Duchess von Cornwall, sitzt mit Kate, Duchess von Cambridge, und deren drei Kindern in der ersten Kutsche. George, Charlotte und Louis müssen die Augen im blendenden Sonnenlicht zusammenzwicken, als sie die Prunkstraße The Mall entlangfahren. Das Wetter hat es gut gemeint. Während es in den vergangenen Tagen täglich Regenschauer gab, können die Paradesoldaten ihren Tribut bei mildem Wetter und nur vereinzelten Quellwolken zollen. Zwischendurch schafft es zwar eine Gruppe Protestierender durch die Absperrung und muss von der Polizei vom Platz gebracht werden, im Allgemeinen läuft die Zeremonie im Taktmarsch.
Und dann tritt Queen Elizabeth ein zweites Mal auf den Balkon. In Begleitung der „arbeitenden Royals“ (also ohne Harry, Meghan oder Andrew) verfolgen sie die Show der Kampfjets der Royal Air Force. „Schau“, die 30-jährige Tara Shaw stupst ihre Freundin an, deutet auf den Bildschirm vor ihr, der die Queen lächelnd zeigt. „Sie scheint es zu genießen. Wie schön!“
Die Britin Sarah Roblett und ihre Freundinnen haben am Ende auch keinen Platz entlang des Festzugs gefunden. Aber noch ist die Chance auf einen Blick auf die Queen nicht vorbei. Die drei bleiben bis Sonntag in der Stadt. Bereits am Freitag soll die Queen am historischen Thanksgiving Service in St. Paul’s Cathedral teilnehmen.
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