Bereits knapp nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine warf er der russischen Führung Inkompetenz vor, pochte schon im April vergangenen Jahres auf eine Generalmobilmachung Russlands. Kurz nach dem Aufstand der Söldnergruppe Wagner behauptete Girkin, dass eine Gruppe von Putins innerem Kreis in dessen heimischer Provinz Leningrad den Präsidenten stürzen wolle. Ersetzt werden soll Putin angeblich durch ein Mitglied der Gruppe „Osero-Kooperative“ (auf Deutsch „See“). „In den kommenden Monaten sind neue Kampagnen zu erwarten“, meinte Girkin, der vor allem bei den Hardlinern wohlgelitten war.
"Club der wütenden Patrioten"
Im Gegensatz zur Wagner-Gruppe, die einen bewaffneten Aufstand im russischen Rostow am Don startete, plane die Osero-Kooperative laut Girkin eine völlig andere Vorgehensweise. Die wolle stattdessen Russlands militärische Operationen, seine Verteidigungsindustrie sowie die Kontrolle über rückwärtige Gebiete im Krieg sabotieren. Müsste Putin erst eine Niederlage akzeptieren, wäre es einfacher, den Kreml-Chef aus dem Weg zu räumen, sagte Girkin.
Im April rief er den „Club der wütenden Patrioten“ ins Leben, der die Meinung vertritt, dass Russland in der Ukraine unweigerlich eine Niederlage erleiden und einen pro-westlichen Staatsstreich oder einen Bürgerkrieg riskieren würde, wenn Moskau die Situation an der Front nicht radikal verbesserte. War das Ziel der Wut Anfangs noch Verteidigungsminister Sergej Schoigu, rückte bald immer stärker Putin selbst ins Zentrum von Girkins Kritik.
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Auffällig war in den vergangenen Wochen die erbittere Feindschaft Girkins zu Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, der nach seinem Aufstand verhältnismäßig glimpflich davonkam.
Seit dem Wagner-Aufstand vor fast einem Monat findet vor allem in den russischen Streitkräften eine umfangreiche „Säuberungsaktion“ statt, der einige führende Offiziere und Generale zum Opfer fallen: Die meisten von ihnen leiteten die Verteidigung der russischen Stellungen in der Ukraine, insbesondere in Bachmut und Saporischschja.
Namhafte Offiziere
Der ranghöchste Befehlshaber, der seines Postens enthoben wurde, war General Iwan Popow, der in einer vergangenen Woche veröffentlichten Tonaufnahme die Behandlung der Truppen an der Front und die fehlende Artillerieunterstützung kritisierte.
Als entlassene Offiziere werden in weiteren Berichten Generalmajor Vladimir Seliverstov, Generalmajor Alexander Kornev und Generalmajor Ramil Ibatullin genannt. Unter Berufung auf russische Militärblogger heißt es, die Behörden bereiteten auch die Verhaftung von Generaloberst Michail Teplinski vor.
Die Gerüchte sorgen bei Teplinskis Untergebenen offenbar für großen Unmut: In einer Tonaufnahme erklärten die Soldaten, dass sie ihre Stellungen aufgeben würden, wenn ihr Befehlshaber verhaftet würde.
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