Vierer-Gipfel: "Harte Aussprache" mit Putin
Eine "harte Aussprache" nannte Angela Merkel das Gespräch. Mehr als sechs Stunden saß sie am Mittwoch gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande und dem ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko im Berliner Kanzleramt zusammen, um auf Wladimir Putin einzuwirken - mit gespaltenem Erfolg: Für die Ostukraine, das eigentliche Thema des Vierer-Treffens, fand man einen vorläufigen Fahrplan inklusive Truppenabzug - in puncto Syrien blieben die Fronten aber verhärtet.
"Kriegsverbrechen"
"Was in Aleppo passiert, ist ein echtes Kriegsverbrechen", sagte Hollande bei der Pressekonferenz, die erst um ein Uhr nachts begann - Putin war bei da nicht dabei, das war allerdings auch nie geplant. Man wollte dem russischen Präsidenten keine Bühne bieten, sondern nochmals betonen, woran die Lage krankt: "Ich kann nicht tolerieren, dass man unter dem Vorwand des Kampfs gegen den Terrorismus die Bevölkerung bekämpft", sagte Hollande. Auch Merkel nahm das Wort Kriegsverbrechen in den Mund. "Es gibt eine klare russische Verantwortung", sagte sie, "die Bombardierungen sind unmenschlich, für die Bevölkerung ein grausames Erlebnis."
Ein bisschen Bewegung war aber dennoch sichtbar. "Wir kommen aus dem Gespräch mit dem Eindruck, dass es möglicherweise eine Verlängerung des Waffenstillstands gibt", sagte der französische Präsident - vor dem Treffen hatte Moskau angekündigt, eine einseitige achtstündige Feuerpause "auf Bitten internationaler Organisationen" auf elf Stunden zu verlängern. Die syrische Armee rief am Mittwoch noch eine sofortige vorübergehende Waffenruhe in Aleppo aus; die Soldaten hätten sich zurückgezogen, damit Rebellen im Osten abziehen könnten.
Bewegung bei Sanktionen
Das sorgte auch umgehend für Bewegung in der Sanktions-Debatte, die ja beim EU-Gipfel am Donnerstag auf den Tisch kommen soll: Paris und Berlin hatten zuletzt laut über weitere Strafmaßnahmen gegen Russland nachgedacht, weil russische Streitkräfte an der Seite syrischer Militärs Aleppo bombardieren.
Da wurde man am Mittwoch leiser als zuletzt - vergangene Woche hatte Hollande noch einen Staatsbesuch Putins in Paris auf einen Arbeitsbesuch herabgestuft, woraufhin der Kreml-Chef den Besuch gleich ganz stornierte; jetzt zeigte er sich in der Frage der Sanktionen ein bisschen beweglicher. "Wir werden zu reden haben", sagte er bezüglich des Gipfels in Brüssek; auch Merkel gab sich entgegenkommend: "Das Hauptaugenmerk liegt darauf, den Menschen zu helfen. Darauf werden wir uns morgen konzentrieren."
Lange Gespräche bis in die Nacht
Petro Poroschenko konnte die Vierer-Runde einigermaßen zufrieden verlassen - er rang Putin das Versprechen auf einen neuen Fahrplan zum Frieden in der Ostukraine ab. Darin enthalten sind ein Truppenabzug an vier Frontabschnitten sowie ein neuer Zeitplan für das noch immer umkämpfte Gebiet, den die Außenminister von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine noch im November vorlegen wollen.
Auch einer bewaffneten OSZE-Mission hat Putin zugestimmt - Wahlen werde es in den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten aber erst nach dem Abzug ausländischer Truppen geben. "Es ist ein dickes Brett, das wir zu bohren haben", sagte Merkel in der Pressekonferenz. Aber es sei "aller Mühe wert".
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