Putin auf der Jagd im EU-Revier

Demonstratives Strahlen in einem EU-Land: Russlands Präsident Wladimir Putin bei Ungarns Premier Viktor Orban
Russisches Gas und AKW-Deal locken Premier Orban - und die EU sieht murrend zu.

Mit Spannung wurde in Budapest am Dienstag das Auftreten von Ungarns Premier Viktor Orban auf der politischen Bühne mit seinem russischen Gast beobachtet. Anders als sonst stand vor der versammelten Presse in Budapest nicht Wladimir Putin im Mittelpunkt des Interesses. Nein, die Beobachter hingen allesamt an den Lippen Orbans und wie er das EU- und NATO-Land gegenüber Russland positionierte.

Doch zunächst lenkte Putin das Thema auf die Ukraine. Dann betonte der rechtskonservative Orban die gute wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland. „Die Sanktionen gegen Russland sind schädlich, aber ich respektiere sie“, sagte er. Die Einladung des Kremlchefs nach Ungarn – dem zweiten EU-Staat nach Österreich seit der russischen Eroberung der Krim – hatte auf dem europäischen Parkett jedenfalls für Murren gesorgt.

Großer Hofstaat

Daher bemühten sich die Diplomaten in Budapest, Putins Kommen als reinen Arbeitsbesuch herunterzuspielen. Dafür war der Aufwand aber beachtlich. Der russische Präsident kam mit großem Hofstaat nach Budapest. Insgesamt gleich acht Verkehrsflugzeuge, darunter drei Präsidentenmaschinen vom Typ Iljuschin IL-96, zählte am Dienstag das Internet-Portal nol.hu unter Berufung auf Informationen des Flughafens Ferihegy. Eine Iljuschin IL-76 mit gepanzerten Autos für Putin und seine engsten Mitarbeiter war bereits am Vortag gelandet. In Putins Gefolge: Außenminister Sergej Lawrow, Energieminister Alexander Nowak, Gazprom-Chef Alexej Miller, Rosatom-Chef Sergej Kirijenko. Damit war klar, worum sich die Gespräche vor allem drehten: Ungarns Energieversorgung.

Allen voran ging es um die russischen Gaslieferungen, die 80 Prozent von Ungarns Bedarf abdecken. Der Vertrag mit Gazprom läuft mit Jahresende aus. Orban strebte einen neuen, günstigeren Vertrag an. Ungarische und russische Regierungsvertreter unterzeichneten fünf bilaterale Abkommen – ein neuer Gasliefervertrag war allerdings nicht darunter. Vielmehr werde der gegenwärtige, heuer auslaufende Vertrag praktisch verlängert, erklärten Orban und Putin.

Orban hatte eine Art Stundung erreichen wollen: Denn die Ungarn haben weit weniger Gas verbraucht als vereinbart, müssen aber die volle Menge bezahlen. Einem Insider zufolge würden bei Vertragsablauf satte 2,7 Milliarden Euro fällig, die das Budgetziel unter drei Prozent des BIP gefährden würden. Nunmehr einigte man sich offenbar darauf, dass Ungarn noch auf Lieferungen aus diesem Vertrag zurückgreifen kann, die es noch nicht in Anspruch genommen hat.

Geheime Dokumente

Finanziell kommt Orban dabei auch der bereits zugesagte russische Kredit über zehn Milliarden Euro entgegen – so er nicht ausschließlich für den vereinbarten Ausbau des AKW Paks genutzt werden muss. Darüber wird in der EU heftig spekuliert. Putin hätte den EU-Staat damit wohl am finanziellen Gängelband. Bedenklich stimmt dabei auch ein Gesetzesvorhaben von Ungarns Regierung, das heute, Mittwoch, vom Parlament abgesegnet werden soll. Damit sollen alle Paks-Dokumente für 15 Jahre geheim bleiben.

Orban setzt alles auf eine Karte. Denn sein Credo lautet, ohne günstige Energie und ohne Abbau der Sozialleistungen kann Ungarn, kann auch Europa im globalen Wettbewerb nicht bestehen. Faktum ist, dass die Wähler Orban bei den letzten Wahlen für die niedrigeren Energierechnungen belohnten.

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