Puigdemont gründet Crida: Neue Separatistenpartei als Totgeburt

Puigdemont gründet Crida: Neue Separatistenpartei als Totgeburt
Die neue Sammelbewegung erhält regen Zulauf, vermag aber nicht, die verschiedenen Lager unter Kataloniens Separatisten zu einen.

Die Gründungszeremonie von Carles Puigdemonts neuer Separatistenbewegung "Nationaler Ruf für die Republik" (Crida) war auf den ersten Blick ein voller Erfolg: 6.000 Anhänger füllten am Samstag den Sportpalast der katalanischen Kleinstadt Manresa. Fast 10.000 zahlende Gründungsmitglieder haben sich der Bewegung bereits angeschlossen. Am 19. Jänner soll die Crida offiziell als Partei eingetragen werden.

Puigdemont sprach von Unabhängigkeit, politischen Gefangenen, Freiheit und Gerechtigkeit. Kataloniens ehemaliger Ministerpräsident versicherte den in Manresa anwesenden Anhängern, man kämpfe weiter dafür, das Mandat der Katalanen umsetzen zu können, die sich beim Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 mehrheitlich für die Errichtung einer eigenen Republik ausgesprochen hätten.

Vor allem aber sprach der Separatistenführer, der per Video aus seinem belgischen Exil zugeschaltet war, unentwegt von einer notwendigen Einheit aller Unabhängigkeitsbefürworter. Um diese Einheit ein Jahr nach dem gescheiterten Abspaltungsversuch von Spanien erneut zu erreichen, sei die Crida als parteiübergreifende Bewegung, in der Unabhängigkeitsbefürworter sämtlicher Ideologien Platz fänden, die beste Basis, so Puigdemont.

Unterschiedliche Geschwindigkeiten

Das sehen die anderen separatistischen Parteien und selbst moderate Lager in Puigdemonts eigener PDeCAT-Partei allerdings anders. Nach der gescheiterten Unabhängigkeitserklärung und der Inhaftierung zahlreicher separatistischer Politiker wegen ihrer Beteiligung am illegalen Abspaltungsprozess ist ein Richtungsstreit unter den Parteien entbrannt: Die Linksrepublikaner (ERC), bisherige Koalitionspartner von Puigdemonts Nachfolger Quim Torra, wollen einen Gang zurückschalten, eine größere Basis innerhalb der Bevölkerung bekommen und streben erneut ein mit Madrid ausgehandeltes Referendum an.

Die Crida soll laut Quim Torra allerdings eine Bewegung werden, die einen Gang zulegt. Torra sprach in Manresa erneut von friedlichen Maßnahmen, die aber durchaus in Kampagnen zivilen Ungehorsams und einer erneuten, einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit enden könnten, ohne jedoch den Dialog mit Madrid auszuschließen.

So erteilten die Linksrepublikaner der Crida bereits eine klare Absagen, indem sie am Montag ihren seit über einem Jahr in Untersuchungshaft sitzenden Parteivorsitzenden Oriol Junqueras offiziell als Spitzenkandidaten der im Frühjahr stattfindenden Kommunal- und Europawahlen aufstellten. Sprich, die ERC will nach den ganzen Vorkommnissen nicht das Wahlbündnis Junts per Catalunya (Gemeinsam für Katalonien) fortführen, mit welchem die Separatisten im Dezember 2017 noch knapp die Neuwahlen in Katalonien gewinnen konnten und welche in der Crida eine Fortsetzung als Partei erfahren könnte. ERC-Fraktionssprecher Sergi Sabria lobte zwar den Versuch, nach Einheit unter den Unabhängigkeitsbefürwortern zu suchen. Dafür brauche man aber nicht die einzelnen Parteien aufzulösen und in einer neuen Bewegung zusammenzuführen, so Sabria.

Puigdemont gründet Crida: Neue Separatistenpartei als Totgeburt

In diesem Sinne äußerte sich vor kurzem auch der linksrepublikanische Parlamentspräsident Roger Torrent. Auf Puigdemonts Äußerung, man sei stärker, "wenn wir übergreifend und vereint handeln können", antwortete Torrent trocken, man sei stärker, wenn man das gesamte politische Spektrum abbilde.

Auch die separatistischen Linkspopulisten der CUP-Partei erteilten der Crida am Montagabend eine Absage. Zwar unterstützen sie die aggressivere Gangart Puigdemonts. Doch ist ihnen die von eher konservativ-nationalistischen Kräften dominierte Bewegung ideologisch zu fremd. Aus demselben Grunde traten sie 2017 weder der Wahl-Allianz Junts per Catalunya bei noch der anschließenden separatistischen Regierungskoalition.

Puigdemonts Crida-Partei dürfte also eine politische Totgeburt werden, die sogar innerhalb seiner eigenen Partei für Unbehagen sorgt. Vor allem die moderateren Lager innerhalb seiner PDeCAT-Partei zeigen sich skeptisch über die Crida-Initiative. Sie befürchten die Auflösung ihrer eigenen Partei. So nahmen auch Puigdemonts Vorgänger Artur Mas und PDeCAT-Präsident David Bonvehi nicht an der Gründungszeremonie in Manresa teil. Bonvehi teilte mit, man wolle in den kommenden Wochen erst einmal in der Parteiführung besprechen, wie man sich mit Blick auf die Crida positionieren werde.

Puigdemonts Versprechen, die Crida werde sich auflösen, sobald die Unabhängigkeit Kataloniens erreicht sei, trauen nicht alle. Auch teilen längst nicht alle Separatistenparteien Puigdemonts Idee, die Crida könne die Unabhängigkeitsbewegung einen, "ohne auf sein Parteibuch oder seine Ideologie verzichten" zu müssen.

(Von Manuel Meyer/APA)

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