Mexikos Lehrer gehen auf die Barrikaden
Seit Tagen ist der Zocalo-Platz im Herzen von Mexiko City großflächig von Nylonplanen überspannt. Tausende Lehrer sind in die Hauptstadt gezogen, um ihren Unmut über die jüngst von Präsident Enrique Peña Nieto verfügte Bildungsreform auszudrücken. Am Mittwoch legten knapp zehntausend Pädagogen mit einem Protestmarsch stundenlang eine der Hauptverkehrsadern der Millionen-Metropole lahm.
Verschiebung der Machtverhältnisse
Die umstrittene Reform dürfte das Bildungssystem des Landes in seinen Grundfesten erschüttern. War bisher die größte Lehrer-Gewerkschaften quasi autonom für die Personalplanung verantwortlich, so soll diese Kompetenz nun zentral nach Mexiko City wandern. Das bisherige System hätte mitunter sogar dazu geführt, dass Eltern, die als Lehrer tätig waren, den Job an ihre Kinder vererben konnten, so die Argumentation von Regierungsseite.
Viele der Lehrer, die nun auf der Straße sind, hätten mit einer solchen Änderung grundsätzlich kein Problem, vielmehr sind die Gründe für den Protest genauso divers wie Mexikos Bevölkerung. So befürchten etwa Pädagogen aus dem Süden, dass die in ihrer Region dominanten, wie korrupten, kleineren Gewerkschaften von einer solchen Änderung nicht erfasst würden. Wieder andere Lehrer haben Angst, dass etwa "zweite Muttersprachen", die nicht per staatlichem Diplom erworben wurden, bei der Beurteilung der Qualifikation keine Rolle mehr spielen würden.
Klamme Kassen
Zum anderen würde die Reform internationalen Großkonzeren wie Coca Cola, Pepsi oder Bimbo (einem der größten Backwarenhersteller der Welt) Tür und Tor in die Schulen des Landes öffnen. Denn Mexiko investiert zwar - worauf das Ministerium nicht müde wird hinzuweisen - relativ zu den sonstigen staatlichen Ausgaben nach Neuseeland am meisten in die Bildung seiner Bürger, doch diese Zahl ist mehr Schein als Sein.
Ein Blick auf die OECD-Zahlen von 2010 spricht da schon eine deutlichere Sprache - so gab Österreich etwa 231 Millionen Dollar für alle drei Bildungssektoren aus, Mexiko 235 Millionen. Das Problem: Österreich hat acht, Mexiko knapp 115 Millionen Einwohner. Die von der Regierung dringend benötigte Finanzkraft der Großunternehmen würde laut Nieto "positive Auswirkungen" auf die Gesamtsituation haben, die Lehrer fürchten dagegen, dass statt der Anschaffung von fehlenden Unterrichtsmaterialien eine Junkfood-Invasion über die Schulhöfe hereinbrechen werde.
Ein aufgebrachter Lehrer bringt es auf den Punkt: "Wir werden bleiben, bis die Behörden uns Antworten liefern." Unterdessen bereitet sich die Polizei in Mexiko-Stadt auf weitere Proteste vor. Am Sonntag präsentiert Präsident Enrique Pena Nieto den ersten Regierungsbericht seiner Amtszeit. Zahlreiche gesellschaftliche Gruppen haben Demonstrationen gegen die Reformvorhaben der Regierung angekündigt.
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