Proteste in Polen nach dem Tod einer Schwangeren

Proteste in Polen nach dem Tod einer Schwangeren
Aktivisten kritisieren Abtreibungsgesetz.

Wieder demonstrieren Menschen in vielen Städten Polens, wieder geht es um eine Frau, die möglicherweise wegen des Abtreibungsgesetzes starb.

Die Familie der dreifachen Mutter erhebt schwere Vorwürfe gegen die behandelnden Ärzte. Demnach hätten diese wegen des strengen Abtreibungsgesetzes in Polen nicht gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu retten.

Blutvergiftung

Wie die Schwester der Verstorbenen auf Sozialen Medien schrieb, sei die 37-Jährige aus dem südpolnischen Czestochowa im ersten Trimester mit Zwillingen schwanger gewesen, als sie Ende Dezember wegen Bauchschmerzen und Erbrechen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Demnach hätten die Ärzte am 23. Dezember das Absterben des einen Zwillings im Mutterleib festgestellt, den Fötus aber nicht entfernt.

Sieben Tage später sei auch der zweite Zwilling im Mutterleib abgestorben. Kurz nach der Entfernung beider Föten sei die Frau an einer Blutvergiftung erkrankt. Ihr Zustand verschlechterte sich ständig, bis sie am 25. Jänner starb.

In einer Erklärung des Krankenhauses zu dem Fall heißt es: „Nach dem Tod des ersten Kindes am 23. Dezember wurde eine abwartende Haltung eingenommen, um eine Chance zu haben, das zweite Kind zu retten.“ Trotz der Bemühungen der Ärzte sei dies aber nicht gelungen. Nach dem Absterben des zweiten Fötus habe man zunächst zwei Tage gewartet und erst dann entschieden, die Schwangerschaft zu beenden. Ob beim Absterben eines Zwillings eine teilweise Abtreibung vorgenommen werden darf, ist im neuen polnischen Gesetz nicht geklärt.

Die Staatsanwaltschaft hat nun Ermittlungen gegen die drei Kliniken, in denen die 37-Jährige zuletzt behandelt worden war, aufgenommen.

Verschärftes Gesetz

Der Fall weckt Erinnerungen an das Schicksal einer 30-jährigen Schwangeren aus Pszczyna. Sie war im vergangenen November an einer Sepsis gestorben, nachdem die Ärzte gewartet hatten, bis der geschädigte Fötus im Mutterleib von selbst abstirbt.

Vor einem Jahr war in Polen nach einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts ein verschärftes Abtreibungsrecht in Kraft getreten. Seitdem dürfen Frauen auch dann keine Abtreibung vornehmen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist. Abtreibung ist nur noch straffrei, wenn die Schwangerschaft durch Inzest oder eine Vergewaltigung entstanden, oder die Gesundheit der Mutter gefährdet ist.

Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts United Surveys sprachen sich im Oktober 73,9 Prozent der befragten Polen für eine Lockerung des geltenden Abtreibungsgesetzes aus. 42,8 Prozent waren für eine Rückkehr zum sogenannten „Abtreibungskompromiss“ aus der Zeit vor der Einführung des verschärften Gesetzes.

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