"Jetzt erklärt er Gott die Welt"

"Jetzt erklärt er Gott die Welt"
Medien auf der ganzen Welt zeigten sich tief beeindruckt vom Staatsmann Helmut Schmidt.

Der Tod des deutschen Altkanzlers Helmut Schmidt beschäftigt längst nicht nur die deutschen Medien. Auf dem gesamten Globus haben Zeitungen und Medienhäuser dem populären Politiker und Ratgeber gewidmet. Eine Rundschau.

Eingehend auf seine Autorität als Staats- und Zeitungsmann titelte der Kölner Express: "Jetzt erklärt er Gott die Welt". Ein User schreibt via Twitter dazu: "Das Titelblatt würde ihm sehr gefallen".

Auch die renommiertesten Zeitungen der Welt brachten Titelgeschichten über Schmidt: So schrieb etwa die Schweizer Neue Zürcher Zeitung: "Seine große Beliebtheit auch bei Deutschen, die ihn nie oder nur als Kinder als Bundeskanzler erlebt hatten, verdankte Schmidt gerade seiner unverblümten Art. Er war, nicht nur als Kettenraucher ohne Rücksicht auf Rauchverbote, das personifizierte Gegenteil der politischen Korrektheit und erfüllte so die Sehnsucht der Öffentlichkeit nach dem ehrlichen, unbequemen und durchaus autoritären Staatsmann. Angesichts der Flüchtlingskrise, der inkohärenten Politik der Kanzlerin Angela Merkel und der verzagt agierenden SPD erschien Schmidt für viele Deutsche erst recht als eine leuchtende Figur."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung urteilte folgendermaßen: "An die politische Lebensleistung Konrad Adenauers und Helmut Kohls kam er nie heran, er war auch nicht so umschwärmt wie Willy Brandt, nicht so kumpelhaft wie Gerhard Schröder, nicht so kontrolliert wie Angela Merkel. Doch Helmut Schmidt übertrumpfte sie alle, weil er Eleganz und Macht verband. 'Macht und Eleganz' taufte er die Skulptur Henry Moores vor dem Bonner Kanzleramt, in das er 1976 aus dem Palais Schaumburg umzog und das er in eine Galerie verwandelte. Auch das zeigte, bei aller Bärbeißigkeit, die Schmidt oft und gerne zur Schau stellte, seinen ästhetischen Zugang zur Politik. Er entschied sich nach dem Krieg auch deshalb für die SPD, weil es eleganter, 'schöner' und dramatischer war, für eine Partei zu arbeiten, die planen, steuern und lenken, nicht beharren, reagieren und bewahren wollte."

Italiens Il Messaggero schrieb poetisch: "Für die Physik haben alle Körper einen Schwerpunkt. Aber auch in der Geschichte eines jeden Volkes gibt es ein Baryzentrum, und für das Nachkriegsdeutschland trägt dieser Punkt den Namen Helmut Schmidt. Sozialdemokratisch und gemäßigt, für die Arbeiter und zugleich ein Aristokrat, ist der Kanzler, der die Bundesrepublik an Frankreich und in Europa verankerte, gestern im Alter von 96 Jahren gestorben, hellwach bis zum Ende. Für die nicht mehr ganz jungen Italiener ist Schmidt der beherrschte und zugleich spöttische Herr, der belustigt auf Präsident Sandro Pertini schaut, der begeistert aufspringt bei den Toren der Azzurri im historischen Endspiel Italien-Deutschland bei der Weltmeisterschaft 1982 (das wir gewannen). "

Die britische BBC nennt den Sozialdemokraten den "Westdeutschen Meister der Realpolitik des Kalten Kriegs". Er sei "pragmatisch, offenherzig und oft kontroversiell" gewesen, "ein weitsichtiger politischer und wirtschaftlicher Stratege, der Westdeutschland durch turbulente Zeiten der 70er-Jahre führte und lebte, um sein Streben nach einem wiedervereinigten Land erfüllt zu sehen".

"Sie dachten, er sei ein Junkie"

Die New York Times schrieb über den Sozialdemokraten: "Herr Schmidt war jahrzehntelang einer der beliebtesten Politiker Westdeutschlands." Er habe ein "markantes Kinn und intensiv graue Augen" gehabt, sei "attraktiv, geistreich und äußerst selbstbewusst" gewesen.

Und Frankreichs Le Monde gedachte Schmidt als "Architekt der deutsch-französischen Freundschaft", und kennt eine bezeichnende Anekdote: "Das erste Mal, dass die Amerikaner Helmut Schmidt im Fernsehen sahen, schnüffelte er ein braunes Puder, das er sorgfältig auf seinen Handrücken gelegt hatte. Sie dachten, der westdeutsche Kanzler sei ein Junkie. Tatsächlich war der unverbesserliche Raucher, nach einem Rat seines Kardiologen, dabei, die Zigarette durch Schnupftabak zu ersetzen. Vergebens. Niemals konnte er sich von seinen Mentholzigaretten trennen, die er Kette rauchte, auch auf die Gefahr hin, einem öffentlichen Verbot zuwider zu handeln."

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