Seine ersten 120 Tage im Amt waren eher holprig. Jetzt aber will Rishi Sunak mit einem EU-Abkommen langjährige Konflikte über Handelsregeln in Nordirland nach dem Brexit beilegen und beweisen, dass er der Premier ist, der Großbritannien voranbringen kann.
Lösungen will der Chef der konservativen Tory-Partei liefern, Resultate statt Skandale und Kehrtwenden wie unter seinem Ex-Boss Boris Johnson. Denn ebendieser gibt die Hoffnung auf ein großes Comeback nicht auf. Nun geriert sich der Populist etwa als Galionsfigur einer Brexit-Rebellion.
Sunak will in den nächsten Tagen einen Deal mit der EU erreichen und präsentieren. Dieser soll Zollformalitäten und andere Handelshemmnisse beseitigen, die das Nordirland-Protokoll des von Johnson unterschriebenen Brexit-Vertrags schuf. Dass Sunak damit vielleicht den „Brexit vollenden“ könnte, wie das sein Ex-Chef lauthals versprochen hatte, geht Johnson wohl gegen den Strich.
Der Premier hat auch eine unter Johnson eingebrachte Gesetzesvorlage, die dem Land das einseitige Aushebeln von Teilen des Brexit-Abkommens erlaubt, auf Eis gelegt. Johnson sehe das als „einen großen Fehler“, zitierten Medien ungenannte Vertraute. Denn der Brexit-Flügel der Tories sieht den Gesetzesentwurf als Verhandlungschip gegen die EU, vor allem auch bei der erwarteten Neudefinition der Rolle des Europäischen Gerichtshofs im Land. Top-Vertreter wie David Frost und Jacob Rees-Mogg warnten, ohne dieses Druckmittel drohe ein zu nachgiebiger Deal ohne volle Unterstützung der nordirischen DUP.
Blockade in Belfast
Die stärkste protestantisch-unionistische Partei blockiert seit Monaten die Bildung einer Regionalregierung in Belfast, weil das Nordirland-Protokoll eine Zollgrenze zwischen der Provinz und dem Rest des Landes zieht. Kritiker sehen das als Schritt zu einer Wiedervereinigung Nordirlands mit Irland. James Duddridge, ein Ex-Brexit-Minister, drohte Sunak mit einer Rebellion von mehr als 100 Tory-Mandataren gegen den neuen EU-Deal – noch ehe alle Details feststanden. „Der Premier wäre unklug, seinen Hals auf den Hackklotz zu legen“, donnerte er. „Eine Vielzahl von Brexiteers wird gegen Sunaks Abkommen stimmen sowie eine Reihe von Leuten, die ihn nicht als die Zukunft sehen“.
Sunaks Camp schoss zurück, Johnson und seine Fans versuchten offenbar, wieder einmal politisches Kleingeld aus dem Brexit zu schlagen. Als ungewöhnlichen Verbündeten weiß Sunak Oppositionsführer Keir Starmer und dessen Labour-Partei auf seiner Seite. Sie versprach dem Premier eine Mehrheit im Unterhaus, wenn ein EU-Deal Verbesserungen bringe. „Er muss dann nicht herumraufen und unnachgiebige Hinterbänkler besänftigen“, stichelte Starmer.
„Boris Johnson will wieder Premier werden und Rishi Sunak zu Fall bringen“, wetterte auch Ex-Tory-Minister George Osborne. Alan Duncan, der in Johnsons Zeit als Außenminister dessen Vize war, sprach gar von „selbstmörderischem Verrat“ und warnte: „Die Brexit-Puristen müssen erkennen, dass die Tories am Rande des Abgrunds stehen und jede weitere Uneinigkeit ihnen den Rest geben würde.“
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