Als der französische Präsident Georges Pompidou vor 50 Jahren, im Juni 1973, bei einem Treffen mit US-Präsident Richard Nixon auf Island im Gesicht aufgedunsen, in den Bewegungen statisch erschien, fragte die französische Presse besorgt: Wie krank ist Monsieur le Président? In den folgenden Monaten führte sein immer runderes Gesicht zu allen möglichen Spekulationen – Influenza, Hämorrhoiden, Krebs? Bis zu seinem Tod am 2.4.1974 wurde seine wahre Krankheit (Morbus Walderström) und die monatelange schwere Cortison-Behandlung nicht offiziell.
Ob ein Politiker zu krank oder zu alt ist, um seine Amtsgeschäfte führen zu können, ist auch früher schon Thema gewesen, wurde aber genauso oft einfach ignoriert – oder verschwiegen.
Nach einer Kinderlähmungserkrankung im Alter von 39 Jahren saß Franklin D. Roosevelt zum Beispiel die meiste Zeit für alle sichtbar im Rollstuhl, als er 1933 US-Präsident wurde und bis zum Kriegsende blieb. Und der dem ungesunden Leben frönende Winston Churchill regierte das britische Königreich oft und oft aus dem Krankenbett.
US-Präsident John F. Kennedy litt an einer Vielzahl quälender Krankheiten (Depressionen, Kreislaufstörungen, höllische Schmerzen durch eine deformierte Wirbelsäule), die verschwiegen wurden. Die Amerikaner glaubten an den scheinbaren jugendlichen Elan ihres Präsidenten.
Das Un-Wort Krebs
In Österreich waren Politiker-Erkrankungen lange ein Tabu. Präsident Franz Jonas verschwieg seine Krebserkrankung (in einer Zeit, in der Krebs an sich wie ein Tabu behandelt wurde) – auch als sie für Personen, die mit ihm zu tun hatten, längst deutlich war.
In der Endphase seiner Kanzlerschaft musste der damals über 70-jährige Bruno Kreisky zweimal wöchentlich zur Dialyse – die Nierenerkrankung wurde öffentlich. Ein Tabu war gebrochen.
Als Thomas Klestil Mitte der 1990er-Jahre auf Staatsbesuch in der Türkei an einer schweren atypischen Lungenentzündung erkrankte und mehrfach die Hofburg mit dem Krankenhaus tauschen musste, titelte Täglich alles: „Furchtbarer begründeter Verdacht: Aids!“ – ein Tabu-Bruch der anderen Art.
Kurz davor hatte ein immer fahriger und ruckartiger auftretender Alois Mock Österreich als Außenminister in die EU geführt und SPÖ-Staatssekretärin Brigitte Ederer gebusserlt – dass er an Parkinson erkrankt war, wurde mit der offiziellen Erklärung „Überarbeitung“ und „Erschöpfung“ weggewischt.
Das Alter (78) wurde zuletzt bei Alexander Van der Bellens Wiederwahl Thema, die Gesundheit (Kehlkopferkrankung, Stimmprobleme) ist es zurzeit bei Hans-Peter Doskozils Streben nach dem SPÖ-Vorsitz.
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