Poroschenko will die Ukraine in die EU führen

Petro Poroschenko
Große Pläne präsentiert der neue Präsident bei seiner Angelobung. Bei der Krim bleibt er beharrlich.

Petro Poroschenko, der "Schokoladebaron" und Oligarch, ist seit heute offiziell der neue Präsident der Ukraine. Und er hat Großes vor mit dem krisengeschüttelten Land: Es soll möglichst rasch in die Europäische Union geführt werden. "Es ist die Zeit gekommen, eine neue und moderne Ukraine zu errichten", sagte Poroschenko am Samstag bei seiner Antrittsrede im Parlament in Kiew. Als ersten Schritt kündigte er "sehr bald" die Unterzeichnung des wirtschaftlichen Teils des EU-Assoziierungsabkommens an. An der Absage des Abkommens hatten sich ja unter Präsident Janukowitsch vor Monaten die Maidan-Proteste entzündet. Dieses Abkommen sei "ein erster Schritt zur Vollmitgliedschaft in der EU". Die Gäste in der Obersten Rada erhoben sich von ihren Sitzen und applaudierten dem 48-Jährigen bei seinem Bekenntnis zu Europa. Niemand habe das Recht, die Ukraine auf ihrem Weg in die EU zu stören, sagte der Milliardär angesichts von Versuchen Russlands, den Westkurs der Ex-Sowjetrepublik zu bremsen.

"Kein Kompromiss bei der Krim"

Nach seinem Amtseid kündigte der Oligarch an, alles für die Einheit des Landes zu tun und bekräftigte den Anspruch auf die im März von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim. In dieser Frage könne es keinen "Kompromiss" mit Russland geben, betonte Poroschenko. "Die Krim war, ist und bleibt ukrainisch." Den mehrheitlich russischsprachigen Regionen des Landes stellte er mehr Selbstverwaltungsrechte in Aussicht, lehnte die von den Separatisten geforderte Föderalisierung des Landes aber ab.

Er wolle nun in die von blutigen Kämpfen erschütterte Ostukraine reisen, um im Raum Donezk einen Friedensplan vorzustellen, sagte der Staatschef. Dort kämpfen von Kiew eingesetzte Truppen gegen prorussische Separatisten, die Poroschenko nicht anerkennen. "Ich will keinen Krieg, und ich will keine Rache. Ich möchte Frieden und ich möchte, dass es zum Frieden kommt", betonte der Politiker, der von Moskau wiederholt wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen den Separatisten kritisiert worden war.

Poroschenko sprach sich zudem für baldige Neuwahlen eines Parlaments aus. Nach dem Sturz von Janukowitsch im Februar sollen mit der Wahl auch in der Obersten Rada die Kräfteverhältnisse geklärt werden. Janukowitsch war nach blutigen Unruhen im Februar vom Parlament in Kiew abgesetzt worden, in einem von Experten als verfassungsrechtlich zweifelhaft kritisierten Schritt. Die Absetzung erfolgte, nachdem Anhänger des umstrittenen Präsidenten unter dem Druck der Straße ins Lager der pro-westlichen Opposition übergelaufen waren.

Diplomatisches Österreich

Poroschenko will die Ukraine in die EU führen
APA18729494-2_07062014 - KIEW - UKRAINE: ZU APA0041 VOM 07.06.2014 - Bundespräsident Heinz Fischer (r.) und der neu gewählte Staatspräsident der Ukraine, Petro Poroschenko (l.), am Samstag, 7. Juni 2014, während der Feierlichkeiten zur Amtseinführung von Poroschenko in Kiew, Ukraine. FOTO: APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
Auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Bundespräsident Heinz Fischer nahmen an der Zeremonie teil. Unter den 50 Staatsgästen waren auch US-Vizepräsident Joe Biden, der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sowie der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko. Fischer betonte im Vorfeld der Amtseinführung, Österreich gehöre für den neuen ukrainischen Präsidenten zu jenen Ländern, "auf die er die meisten Hoffnungen setzt, was die Fähigkeit betrifft, Positionen näher aneinander heranzurücken". Poroschenko bedankte sich in einem persönlichen Gespräch mit Fischer auch für die Unterstützung Österreichs.

Kontrollen an der Grenze

Russland war bei der Zeremonie nur durch seinen Botschafter vertreten. Moskau sprach bisher nur von Respekt für die Wahl des ukrainischen Volkes und nicht - wie vom Westen gefordert - von einer Anerkennung des Ergebnisses. Allerdings kam es am Freitag am Rande der Feiern zum 70. Jahrestag der Landung der Aliierten in der Normandie zu einer ersten kurzen Begegnung Poroschenkos mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (siehe unten).

Eine als Entspannungssignal bewertete Maßnahme setzte Putin auch Samstag: Er ordnete eine verstärkte Überwachung der Grenze zur Ukraine an, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Die G-7-Staaten hatten Russland am Donnerstag unter anderem aufgefordert, "den Zustrom von Waffen und Aktivisten über die Grenze zu beenden".

Fast musste Angela Merkel handgreiflich werden, um die beiden Herren zueinander zu bugsieren. Doch im Weltpolitiker-Gewühl rund um das Mittagessen im eleganten Chateau de Benouville schaffte es die deutsche Kanzlerin schließlich doch, ein Gespräch zwischen dem neu gewählten Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, und seinem russischen Amtskollegen und Erzfeind Wladimir Putin zustande zu bringen. Eine Viertelstunde lang unterhielten sich die beiden, laut Ohrenzeugen vor allem über "die Modalitäten eines Waffenstillstandes" und die Lage in den Bürgerkriegsregionen in der Ostukraine. Zum Abschied gaben sich die beiden Staatschefs, wenn auch mit betont eisiger Miene, sogar die Hand.

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Es war nicht der einzige Moment an diesem Feier- und Gedenktag in der Normandie, an dem die politische Aktualität die Erinnerung an die Landung der Alliierten vor 70 Jahren verdrängte. Und es war sichtlich Putin, der das Gespräch mit den westlichen Politikern suchte – auch um die Außenseiterrolle, die ihm an diesem Tag zugedacht war, zu überwinden. Schon in der Früh kam es zum ersten Treffen Merkels mit Putin. Die russische Regierung betonte danach, dass auch bei diesem Treffen die Krise in der Ukraine wichtigstes, wenn nicht einziges Thema war. Die deutsche Kanzlerin, die in ihrer Rede vor neuen "Gräben und Trennlinien in Europa" warnte, gab sich dabei demonstrativ kühl und blieb auf Distanz.

Die versuchte auch US-Präsident Obama zu wahren, zumindest vor den TV-Kameras. So war man beim Familienfoto aller Staatsoberhäupter bemüht, den US-Präsidenten so weit weg wie nur irgendwie protokollarisch möglich von seinem russischen Kollegen zu platzieren.

Könige als Pufferzone

Obama und Putin wurden vorsorglich von gekrönten Häuptern wie Elisabeth II. oder Harald V. von Norwegen flankiert. Hinter den Kulissen dagegen, so teilte das Weiße Haus nachträglich mit, sei es doch zu einem kurzen Treffen gekommen. Gerade der US-Präsident legte Wert darauf, der Tagespolitik an diesem Feiertag keine allzu große Bühne zu geben. So erschien er zum Mittagessen überraschend in Begleitung eines D-Day-Veteranen, als wolle er auch die anderen Staatschefs daran erinnern, wem dieser Tag eigentlich gewidmet sein sollte.

Auch bei seiner Rede vor den Veteranen verzichtete Obama auf jeden Verweis auf die aktuelle politische Lage, um sich ganz dem Gedenken , aber auch dem Dankesagen zu widmen. "Demütig" stehe er heute vor diesen Männern, die hier in der Normandie einen "Brückenkopf der Freiheit" errichtet hätten: "Dieser Anspruch steht auf diesem Strand in Blut geschrieben. Wir sind euch für immer dankbar."

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