Drohnen, Cyberattacken: "Polen ist im digitalen Krieg mit Russland“

Polnische Soldaten bergen die Reste einer russischen Drohne, die in der Vorwoche auf den Osten Polens nieder ging.
Diesmal schwirrte sie sogar über den Regierungsgebäuden in Warschau herum: Mitten in Polens Hauptstadt ist am Montag am Himmel eine unbekannte Drohne aufgetaucht. Der Staatsschutz hat sie nach Angaben von Regierungschef Donald Tusk neutralisiert. Zwei belarussische Staatsbürger wurden festgenommen.
Es ist bereits der zweite Drohnenvorfall innerhalb einer Woche: So waren bereits in der Nacht zum letzten Mittwoch mindestens 19 russische Drohnen in den Luftraum Polens – und damit auch der NATO – eingedrungen. Premier Tusk sprach von einer „noch nie da gewesenen Provokation“.
Begleitet wurde sie von einer massiven Desinformationskampagne: So wurden nach Angaben des polnischen Analysezentrums NASK nach dem Vorfall in den sozialen Medien im großen Stil Falschmeldungen gesät – unter anderem mit dem Ziel, die Schuld für die Verletzung des polnischen Luftraums der Ukraine zuzuschieben und die Arbeit der polnischen Sicherheitsbehörden zu diskreditieren. Das zuständige Ministerium macht russische und belarussische Akteure dafür verantwortlich.
Zunahme der Angriffe
Doch Desinformation ist nur eine Komponente von Russlands hybrider Kriegsführung, die in der Europäischen Union besonders auf Polen abzielt. So hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 die Zahl der Cyberattacken und Sabotageakte im Nachbarland massiv zugenommen. Im Vorjahr wurden laut polnischen Digitalisierungsministerium mehr als 111.000 Vorfälle und damit um 23 Prozent mehr als 2023 registriert.
Besonders brenzlig sind die vermehrten Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur im Land. Der stellvertretende Digitalisierungsminister Dariusz Standerski spricht gegenüber der Financial Times von 20 bis 50 derartigen Attacken pro Tag. Ziel seien Krankenhäuser, Wasser- und Abwasserbetriebe, Energieversorger oder staatliche Verwaltungen.
Zwar würden 99 Prozent dieser Attacken erfolgreich abgewehrt. Doch immer wieder gelinge den russischen Angreifern auch ein Schlag: So mussten bereits mehrere Krankenhäuser für einige Stunden den Betrieb einstellen. Hackern ist zudem gelungen, sich Zugang zu Patientendaten zu verschaffen.
Wasserversorgung beinahe lahmgelegt
Und im August konnte einer der bislang größten russischen Cyberangriffe gerade noch verhindert werden. So sollte eine gezielte Attacke die gesamte Wasserversorgung einer polnischen Großstadt lahmlegen. Den Tätern sei es bereits gelungen, in das IT-Netzwerk der Einrichtung einzudringen. Sie seien jedoch „in letzter Minute“ gestoppt worden, indem sämtliche Systeme heruntergefahren wurden, so der stellvertretende Regierungschef und Digitalminister Krzysztof Gawkowski. Aber: Der Angriff hätte dazu führen können, dass „eine der größten Städte ohne Wasser gewesen wäre“.
Schon vor der Präsidentschaftswahl im Mai, als Warschau dem Kreml Wahlkampf-Einmischung vorwarf und ohnehin in höchster Alarmbereitschaft war, hatte es einen ähnlichen Vorfall gegeben.
„Polen befindet sich zweifellos in einem digitalen Krieg mit Russland“, sagte Gawkowski damals zu TVN24. Infolge wurde sein Budget für Cybersicherheit in diesem Jahr aufgestockt – auf eine Rekordsumme von einer Milliarde Euro.
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