Papiere für Flüchtlinge geplant

Auf griechischen Inseln wie hier in Gavdos südlich von Kreta landen jeden Tag Hunderte Flüchtlinge. Griechenland ist überfordert.
Athen will Asylwerbern Dokumente für Weiterreise in EU-Länder geben.

Allein in den vergangenen zwei Tagen meldeten die griechischen Inselbehörden von Lesbos, Chios, Samos und Kos die Landung von mehr als 800 Bootsflüchtlingen. In den ersten drei Monaten des Jahres wurden in Griechenland 10.445 Migranten aufgegriffen. Und es dürfte ähnlich weitergehen: Mindestens 100.000 Flüchtlinge, vor allem aus Syrien, werden in den nächsten Monaten auf den Inseln erwartet. Offiziere der Küstenwache befürchten eine "bei weitem größere Zahl von Flüchtlingen".

Griechenland, das ohnehin mit seiner prekären Finanzlage kämpfen zu hat, ist mit dieser Flut an zu versorgenden Menschen völlig überfordert. Schon jetzt sind die Zustände in den Flüchtlingslagern katastrophal.

Freie Bahn für Syrer

Athens Ausweg aus der Misere: "Wir haben beschlossen, alle Migranten (von den griechischen Inseln, Anm.) ins Landesinnere zu bringen", sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis am Dienstag nach einer Krisensitzung des Kabinetts unter dem Vorsitz von Premier Alexis Tsipras. "Syrer, die Asyl beantragen, werden sofort legale Papiere erhalten, mit denen sie in die Länder reisen können, die sie bevorzugen." Nicht gesagt, aber gedacht: Damit können sie aus der Sicht Athens in alle EU-Länder ihrer Wahl reisen.

Zudem will Griechenland bei der EU die gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Staaten beantragen. "Das Flüchtlingsproblem ist international und nicht Griechisch. Es erfordert Seriosität, Gelassenheit und vor allem Menschlichkeit", sagte Sakellaridis. Wann Athen die Pläne umsetzen will, war vorerst unklar.

Denkbar ist, dass die Griechen damit nur den Druck auf die EU-Partner erhöhen wollen, von denen sie sich beim Flüchtlingsdrama im Stich gelassen fühlen. Ein Gefühl, das Italiener, Spanier, Malteser und Zyprioten gut kennen. Wenn Flüchtlinge auf ihrem Boden landen, können sie diese nicht in ein anderes EU-Land weiterschicken – obwohl kaum ein Flüchtling im Süden bleiben will. Aber so sieht es das sogenannte Dublin-System in der EU vor.

Dimitris Avramopoulos, als EU-Kommissar zuständig für Migration, sprach vergangene Woche in Athen mit Tsipras darüber. "Ich weiß, dass die griechische Regierung wegen des Dublin-Systems Bedenken hat – die Kommission hat auch Bedenken." Er warnte die Griechen, Flüchtlinge als Druckmittel bei den Schuldengesprächen zu nutzen: "Das sendet unweigerlich das falsche Signal an Europa."

Noch kein Geld für Athen

EU-Kommissar Valdis Dombrovskis sagte dem Handelsblatt, dass die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen am 24. April in Riga wohl keine Zahlung für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland freigeben werden. Die Entscheidung könnte am 11. Mai fallen. Dessen ungeachtet, will Athen ab Juni Krisenhilfe an Arme auszahlen.

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