"Das alte Blockdenken ist zurück"
Den Vorsitz der OSZE zu führen galt lange nicht als besondere Herausforderung am diplomatischen Parkett. Dass sich das geändert hat, merkt man an diesem Donnerstag in Hamburg. Seit Russland die Krim annektiert hat, seit Putin sich am Syrien-Krieg beteiligt, ist die einstige Vermittlerin zwischen Ost und West wieder gefragt wie vor 1991 – 50 Außenminister sind heute hier, um auf Einladung von Deutschlands oberstem Diplomaten Frank-Walter Steinmeier in der Hansestadt über die Krisenherde dieser Welt zu verhandeln.
Osten gegen Westen
Dass die Wahl auf Hamburg gefallen ist, kommt nicht von Ungefähr. Die Stadt steht für Weltoffenheit – und für das Bauen von Brücken: "Das alte Blockdenken, das ich eigentlich nur aus den Geschichtsbüchern kennen sollte, ist wieder zurückgekehrt", beschreibt Österreichs Außenminister Sebastian Kurz die Ausgangslage der Konferenz. Er übernimmt am Freitag den OSZE-Vorsitz von Deutschland; er erbt damit auch Konflikte, um deren Lösung sich schon Steinmeier vergeblich bemüht hat. Anwesend sind in Hamburg mit den Außenministern Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, nämlich auch die Konflikte in der Ukraine und in Syrien.
Auf Lawrow als Sprachrohr Putins richten sich deshalb auch die meisten Scheinwerfer. In beinahe allen Konflikten, die auf der Agenda des Treffens sehen, hat Russland eine Schlüsselrolle. Das macht die Verhandlungen auch so schwierig. Da die OSZE nach dem Einstimmigkeitsprinzip funktioniert, kann kein Beschluss ohne ein Ja aus Moskau fallen.
Keine Annäherung
Ein Entgegenkommen muss also schwer erkämpft werden. Steinmeier hat darum bereits am Vorabend des Treffens den Versuch unternommen, Lawrow zum Einlenken zu bewegen – vor allem in Syrien, wo das Bombardement in Aleppo eine gewaltige humanitäre Krise erzeugt hat. Ein "langes, ernstes" Gespräch" habe man geführt, hieß es aus Delegationskreisen; auch Kerry traf sich am Donnerstag zum Vier-Augen-Gespräch mit Lawrow.
Genutzt hat das allerdings wenig. Weder Lawrow noch Kerry kamen nach ihrem Gespräch zum traditionellen Familienfoto; Kerry reiste wieder ab, und Lawrow blieb beim Standpukt, dass Russland der US-Forderung nach einer "sofortigen humanitären Waffenruhe" in Aleppo nicht nachkommen will, solange die Rebellen sich nicht aus der Stadt zurückziehen. Er schoss zudem verbal scharf gegen seine Kollegen. "Die russische Bedrohung ist ein Mythos", sagte er zu den Vorwürfen, die ihm vor allem Steinmeier in puncto Ukraine und Syrien machte. Der Westen übe sich hier in "martialischer Rhetorik".
Am späteren Abend verkündete Lawrow allerdings eine Feuerpause der syrischen Armee in Aleppo. Diese solle es ermöglichen etwa 5000 Zivilisten aus der Stadt in Sicherheit zu bringen.
Der neue OSZE-Vorsitzende Sebastian Kurz will trotz der "roten Linien", die überschritten wurden, auf Moskau zugehen, sagte er. Man werde "Frieden nur mit und nicht gegen Russland zustande bringen."
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