Orban zeigte Verständnis für "Ja" von Kurz zum Sargentini-Bericht
Österreich hätte bei der Abstimmung über den Sargentini-Bericht "vielleicht mehr Mut zeigen können". Dies betonte der ungarische rechtskonservative Premier Viktor Orban am Freitag im ungarischen Staatsrundfunk Kossuth-Radio. Zugleich zeigte er sich "verständlicher" hinsichtlich der Zustimmung des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz zum Bericht der Grün-Abgeordneten Judith Sargentini.
"Er ist ein junger Mensch, geriet in eine verworrene Debatte, was auch nicht leicht ist", sagte Orban. "Fakt ist jedoch, dass alle österreichischen Abgeordneten der Europäischen Volkspartei gegen Ungarn stimmten."
Der Premier kritisierte weiter die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP), von denen bei der Abstimmung am Mittwoch 115 gegen und 85 für Ungarn stimmten. Alle deutschen Abgeordneten hätten sich gegen Ungarn gestellt. Eine Ausnahme seien die bayerischen Abgeordneten gewesen, von denen außer EVP-Chef Manfred Weber alle vier gegen den Bericht stimmten. Orban erinnerte daran, dass Weber den Posten des neuen Kommissionspräsidenten anstrebe.
Schlachten und Schlüssel
Im Rundfunk-Interview formulierte Orban schwere Vorwürfe gegen die EU. "Brüssel will Ungarn das Recht des Grenzschutzes nehmen und Söldner schicken, die die Migranten reinlassen". Dabei solle ein bedeutender Teil des Grenzschutzes zu Frontex (EU-Grenz- und Küstenschutzbehörde; Anm.) übergehen. "Sie wollen uns einfach den Schlüssel zum Tor wegnehmen", kritisierte der Premier. Die "nächste Schlacht mit Brüssel" würde sich darum drehen, wer die Grenzen Ungarns schütze.
Der verabschiedete Sargentini-Bericht im Europaparlament bedeute keinerlei Gefahr für Ungarn, ginge mit keinen Sanktionen einher. Zugleich betonte der Premier: Die Tage der gegenwärtigen Abgeordneten seien gezählt, da im kommenden Mai Wahlen zum Europaparlament stattfänden. "Das Europaparlament muss bei gebührender Achtung als Auslaufmodell betrachtet werden."
Neben der Kritik an den Abgeordneten der eigenen EVP-Parteienfamilie, die für den Sargentini-Bericht stimmten, der schwerwiegende Verletzungen der Demokratie und der europäischen Werte in Ungarn feststellte und die Einleitung eines EU-Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn forderte, betonte Orban: Es sei eindeutig, dass der Vorschlag der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel über Grenzschutz darauf abziele, dass die Länder an den Außengrenzen der EU nicht selbst entscheiden können, wen sie ins Land lassen. "Anstelle unserer Söhne, Soldaten, Polizisten, die unsere Grenzen schützen, sollen Söldner aus Brüssel zum Einsatz kommen und Migranten durchlassen", kritisierte Orban.
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