Offenbar schwerste Luftangriffe auf Aleppo seit Monaten

Aleppo, eine seit Wochen umgekämpfte Stadt in Syrien
Die in Großbritannien ansässige "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" teilte mit, dass es in den beschossenen Stadtteilen in jüngster Zeit keine Kämpfe gegeben habe.

Auf die syrische Stadt Aleppo sind in der Nacht zum Donnerstag offenbar die schwersten Luftangriffe seit Monaten geflogen worden. Einen solch heftigen Beschuss habe es seit April nicht gegeben, teilten Rebellen mit. "Es gab keine Waffe, die sie nicht genutzt haben", sagte der in der Türkei ansässige Chef des politischen Arms der Rebellengruppe Fastakim.

Ein Vertreter einer weiteren Rebellengruppe sprach von allein 15 Angriffen auf zwei Gebiete der Stadt. Die in Großbritannien ansässige "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" teilte mit, dass es in den beschossenen Stadtteilen in jüngster Zeit keine Kämpfe gegeben habe. Von der syrischen Armee gab es zunächst keine Stellungnahme. Auch in Staatsmedien wurden die Luftangriffe nicht erwähnt.

Brandbomben kamen zum Einsatz

Nach den Luftangriffen in der Nacht auf die von Rebellen kontrollierten südwestlichen Stadtteile sind die Gefechte auch am Donnerstag fortgesetzt worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle weiter mit. Dabei kamen nach Angaben von Aktivisten offenbar auch Brandbomben zum Einsatz. Wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete, brachen durch die nächtlichen Bombardierungen mehrere Feuer aus. Helfer versuchten, die Brände zu löschen. Zahlreiche Gebäude wurden durch die Detonationen beschädigt.

Bei Luftangriffen am Mittwoch wurden laut der Beobachtungsstelle mindestens zwölf Zivilisten getötet, darunter zwei Kinder. Die Stelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk von Informanten vor Ort; ihre Angaben können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden.

Russland erteilt "Flugverbot"-Vorschlag eine Absage

US-Außenminister John Kerry forderte unterdessen, dass Kampfflugzeug-Einsätze von Russland und Syrien sofort eingestellt werden müssten. Nur so könne der Waffenstillstand gerettet und das "Gemetzel" beendet werden. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich am Rande der UNO-Generalversammlung in New York ebenfalls für ein Flugverbot aus. "Wenn der Waffenstillstand überhaupt noch eine Chance haben soll, dann führt der Weg nur über ein zeitlich begrenztes, aber vollständiges Verbot aller militärischen Flugbewegungen über Syrien - mindestens für drei, besser für sieben Tage."

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow erteilte indes den Vorschlägen von Flugverbotszonen über bestimmten Gegenden in Syrien eine Absage. "Diese Initiative ist zumindest im Moment nicht umsetzbar", sagte Rjabkow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Zunächst müssten die USA und ihre Partner Druck ausüben "auf jene Kräfte, die denken, dass nur Krieg das Problem lösen kann". Moskau sei derzeit nicht überzeugt, dass die Ideen von US-Außenminister Kerry funktionieren könnten.

Gegenseitige Vorwürfe: USA und Russland

Russland wolle am Syrienabkommen mit den USA festhalten, betonte Rjabkow. "Wir sehen die Vereinbarung als alternativlos. Natürlich sind aber die Chancen auf die Umsetzung des Abkommens gesunken." Er widersprach erneut Vorwürfen, russische Kampfbomber hätten einen UNO-Konvoi bei Aleppo zerstört. "Wir weisen das entschieden zurück", sagte der Vizeaußenminister.

Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte am Mittwoch die Entsendung des russischen Flugzeugträgers "Admiral Kusnezow" ins östliche Mittelmeer angekündigt. "Derzeit besteht der dortige Verband aus mindestens sechs Kampfschiffen und bis zu vier Versorgungsschiffen", teilte er mit. Anatoli Sitnow vom Verteidigungsministerium sagte, die "Admiral Kusnezow" sei "faktisch eine zweite Luftwaffenbasis".

Unterdessen begann in Homs der Abzug von Rebellen. Wie Augenzeugen berichteten, machten sich etwa 120 Kämpfer und ihre Familien auf den Weg in von Rebellen gehaltenes Gebiet. Das ist Teil eines Abkommens mit der syrischen Regierung.

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