Österreich distanziert sich von bosnischem Asyl-Lager: "Haben nie Abschiebungen durchgeführt“

Österreich distanziert sich von bosnischem Asyl-Lager: "Haben nie Abschiebungen durchgeführt“
Die Kritik an Asyl-Lager in Bosnien reißt nicht ab – das Innenministerium und das Wiener Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) gehen auf Distanz.

Die Kritik am umstrittenen Asyl-Camp Lipa in Bosnien reißt nicht ab. Die Einrichtung in der Nähe der kroatischen Grenze, in der Menschen aufgefangen werden, die aus Kroatien zurückgeschickt wurden, wurde bekanntlich im Auftrag der EU-Kommission vom Wiener Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) errichtet; dessen Generaldirektor ist der ehemalige ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger.

Dass darin auch ein extra Anhaltelager eingebaut wurde, in dem Personen inhaftiert werden können, irritiert über die Grenzen Österreichs hinaus: In Bosnien ist von einem „Gefängnis“ die Rede, das besser nie in Betrieb gehen solle, sagte Menschenrechtsminister Sevlid Hurtić jetzt. In Brüssel stellten die Grünen eine Anfrage an die EU-Kommission, um herauszufinden, wer darin inhaftiert werden könnte. EU-Kommissar Olivér Várhelyi sagte vor einem halben Jahr, dass „fake asylum seekers“ darin angehalten würden – da stelle sich die Frage, wie man „falsche“ Asylsuchende von „echten“ unterscheide.

„Keine Abschiebungen“

In Wien ist man indes um Distanzierung von der Abschiebeeinheit bemüht. Beim ICMPD heißt es laut einem Sprecher, „man habe nie Abschiebungen durchgeführt oder war daran beteiligt“.

Allerdings behauptet das bosnische Sicherheitsministerium genau das. Nach einem Treffen zwischen ICMPD-Chef Spindelegger und dem damaligen Sicherheitsminister Selmo Cikotić in Wien im Jahr 2022 (nicht wie irrtümlich in der Ausgabe vom Mittwoch berichtet 2021) ließ man per Presseaussendung wissen, dass ICMPD „die Deportation von illegalen Migranten aus Bosnien-Herzegowina durchführen wird“.

Das weist man in Wien vehement von sich. In dem Gespräch damals sei das Thema Abschiebungen „gar nicht angeschnitten“ worden; als Beleg dafür wurden dem KURIER Gesprächsprotokolle vorgelegt. Eine diesbezügliche Nachfrage beim Sicherheitsministerium in Sarajewo blieb bisher unbeantwortet.

Auch das österreichische Innenministerium will mit dem Bau der Anhalteeinrichtung nichts zu tun haben. Man habe für den Bau des Camps über die Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 820.000 Euro zur Verfügung gestellt, in die Konzeption und in den Betrieb des Lagers, das „ohne Bewegungseinschränkung konzipiert wurde“, sei man aber nie involviert gewesen. Auch von der Kooperation des ICMPD mit Bosnien hält man sich heraus: Minister Karner habe Spindelegger und Cikotić nie gemeinsam getroffen, so ein Sprecher, Treffen habe es nur „völlig losgelöst“ voneinander gegeben.

Kommentare