Hier regiert der Sozialismus

Historisches Treffen in Havanna.
Heute berufen sich nur mehr wenige Staaten - wie Kuba - auf den Sozialismus.

Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Kaum eine staatliche Ideologie lässt sich auf so wenige Worte reduzieren, wie der Sozialismus – zumindest theoretisch. In der Praxis entwickelte sich der Sozialismus im 19. Jahrhundert zwar neben dem Liberalismus und Konservatismus zur dritten bedeutenden Staatsideologie, eine eindeutige Definition des Begriffes fehlt allerdings bis heute.

Und so zeigt ein Blick in die Geschichte, wie sehr der Sozialismus ausfranste bzw. von den dementsprechenden Machthabern interpretiert und missbraucht wurde. Vom linken bis zum rechten politischen Spektrum. Vom Kommunismus bis zum Nationalsozialismus. Auch im 21. Jahrhundert gibt es in einigen Ländern der Welt noch Sozialismus als Regierungsform - man spricht dann von "Realsozialismus". Ein Überblick.

Volksrepublik China

Hier regiert der Sozialismus
Mit rund 1,37 Milliarden Einwohnern ist die Volksrepublik China die größte sozialistische Nation der Welt. Gegründet wurde die Volksrepublik am 1. Oktober 1949 nach dem Sieg der Kommunisten im Chinesischen Bürgerkrieg. In der seit 1982 geltenden Verfassung definiert sich die Volksrepublik China als "sozialistischer Staat unter der Demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht. [...] Die Sabotage des sozialistischen Systems ist jeder Organisation oder jedem Individuum verboten." Die Demokratie nach westlichem Vorbild wird von der herrschenden Kommunistischen Partei als für China untaugliches Ordnungsmodell abgelehnt.

Als höchstes Staatsorgan fungiert der Nationale Volkskongress (NVK), der allerdings wegen seiner Größe (rund 3.000 Mitglieder) nur einmal im Jahr zusammentritt. Er wählt den Präsidenten, den Staatsrat, den Obersten Volksgerichtshof, die Zentrale Militärkommission und die Oberste Staatsanwaltschaft. Die laufende parlamentarische Arbeit erledigen die 150 Mitglieder des Ständigen Ausschusses des NVK. Die von ihnen verabschiedeten Gesetze müssen vom Staatspräsidenten erlassen werden, um in Kraft zu treten.

Im Westen steht die Führung der VR China wegen ihrer autoritären Politik und der oft gewalttätigen Unterdrückung oppositioneller Kräfte in der Kritik. Dessen ungeachtet verhandelt die EU-Kommission darüber, China den Status einer Marktwirtschaft zu gewähren. Dadurch soll der Handel zwischen der EU und China vereinfacht werden.

Republik Kuba

Hier regiert der Sozialismus
Die Republik Kuba ist dieser Tage besonders im Fokus, wenn es um die sozialistischen Nationen der Welt geht. Erstmals seit fast 90 Jahren besucht mitBarack Obama ein US-Präsidentden kommunistischen Inselstaat in der Karibik. Der Sozialismus kam mit der Revolution von 1959 nach Kuba. Unter der Führung von Fidel und Raul Castro, Camilo Cienfuegos und Ernesto "Che" Guevara –DEMPosterboy der politischen Linken - stürzten die Revolutionäre den damaligen Diktator Fulgencio Batista. 1961 gründeten Castro und Co. einen sozialistischen Staat, der gemäß der marxistisch-leninistischen Ideologie dem Proletariat die absolute Macht gibt. Unter anderem wurden US-Firmen verstaatlicht und US-Bürger enteignet – dies führte zum jahrelangen Embargo gegen Kuba, das erst im vergangenen Jahr gelockert wurde. Im Schatten des Kalten Krieges fand Kuba hingegen Unterstützung bei der damaligen Sowjetunion.

Die Führungsstruktur liest sich zwar auf dem Papier annähernd demokratisch, jedoch existiert eine Gewaltenteilung in Kuba faktisch nicht. Das ranghöchste Organ ist das 1976 gegründete Parlament, das den Staats- und Ministerrat wählt. Jeder Bürger kann sich für einen der 600 Abgeordnetenplätze zur Wahl stellen. Jedoch ist das kubanische Parlament bekannt dafür, Entscheidungen der Regierung einfach durchzuwinken. In der gesamten Geschichte der Republik Kuba gab es bisher genau eine Gegenstimme zu einem politischen Entwurf.

Somit liegt die eigentliche Entscheidungsmacht im Staats- und Ministerrat, die wiederum mit Mitgliedern der einzig zugelassenen Partei, der kommunistischen Partei, besetzt sind. Über 50 Jahre lang vereinigte Fidel Castro die zentralen Ämter – Staatspräsident, Vorsitzender des Staats- und des Ministerrates, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte – in einer Person. 2006 erkrankte er und sein Bruder Raoul übernahm immer mehr Ämter seines Bruders. 2010 erklärte Fidel Castro seinen Verzicht auf eine Rückkehr in die Führungsverantwortung.

Volksrepublik Laos

Hier regiert der Sozialismus
Die knapp sieben Millionen Einwohner des einzigen südostasiatischen Binnenstaates werden seit 1975 von der Laotischen Revolutionären Volkspartei (LRVP) regiert. Diese stellt den Präsidenten, der wiederum den Premierminister, die Minister, die Provinzgouverneure und die Bürgermeister der Präfekturen ernennt.

Nach der Machtübernahme 1975 führte die LRVP eine Planwirtschaft ein, welche schon 1986 um marktwirtschaftliche Elemente erweitert wurde. Preisbindungen wurden abgeschafft, ein Bankensystem nach westlichem Vorbild eingeführt und Privatwirtschaft gefördert.

In der nordöstlich der Hauptstadt Vientiane gelegenen Provinz Saysomboun kämpfen bis heute Angehörige der Hmong-Minderheit gegen die kommunistische Herrschaft.

Demokratische Volksrepublik Nordkorea

Hier regiert der Sozialismus
Die Wurzeln der Demokratische Volksrepublik Nordkorea finden sich genauso wie die Aufteilung in Süd- und Nordkorea mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Während nach der Kapitulation Japans 1945 (1910 annexierte Japan Korea) im Süden des Landes die US-Amerikaner die Kontrolle übernahmen, waren die Sowjets bzw. die Rote Armee für den Norden zuständig. Bereits im Februar 1946 bildete sich das Provisorische Volkskomitee unter der Leitung von Kim Il-sung. Die bis 1948 entwickelte Verfassung wurde in Moskau redigiert und schließlich vom damaligen russischen Führer Josef Stalin genehmigt. Am 26. August 1948 wurde die Demokratische Volksrepublik Nordkorea proklamiert.

In den Jahren danach "säuberte" Kim Il-sung die Partei von peking- und moskautreuen Funktionären und machte sich zum unangefochtenen Führer des Staates und der Partei – inklusive einer eigenen Auslegung des Sozialismus, der Juche-Ideologie. Nach seinem Tod im Jahr 1994 übernahm sein Sohn Kim Jong-il die Macht, seit 2011 ist mit Kim Jong-un die dritte Generation der Kims an der Macht.

Die Verfassung und damit auch die Bezeichnung des Staates änderte sich immer wieder. 1977 folgte auf den Marxismus-Leninismus die Juche-Ideologie; 2009 wurden die letzten Kommunismus-Bezüge aus der Verfassung gestrichen und Nordkorea als militaristischer Staat kodifiziert. Ebenfalls in der Verfassung verankert ist die Führungsrolle der Partei der Arbeit Koreas. Damit ist die Gründung bzw. Existenz weiterer Parteien - davon gibt es zwei - quasi sinnlos. Zwar gibt es Wahlen für das auf dem Papier höchste Machtorgan, die Oberste Volksversammlung, allerdings geht davon in der Regel der Einzige – von der Partei der Arbeit Koreas aufgestellte Kandidat – mit 100 Prozent der Stimmen als Sieger hervor.

Sozialistische Republik Vietnam

Hier regiert der Sozialismus
Nach dem Vietnamkrieg wurden am 2. Juli 1976 Nord- und Südvietnam unter dem Namen Sozialistische Republik Vietnam wiedervereinigt und von einem kommunistisch-maoistische Regime geführt. Die absolute Macht liegt in dem Einparteienstaat bei der Kommunistischen Partei Vietnams. Personell liegt die Macht wiederum bei drei Menschen, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, dem Premierminister und dem Staatspräsidenten. Die Entscheidungen werden einstimmig getroffen. Vergleichbar mit anderen sozialistischen Staaten ist das höchste staatliche Organ, die Nationalversammlung, die aus 493 Abgeordneten besteht und alle fünf Jahre gewählt wird. Diese wiederum wählt die Dreifaltigkeit an der Spitze Vietnams.

Dank einer Verfassungsänderung hat die Nationalversammlung mittlerweile mehr Einfluss und kann zum Beispiel Gesetze ändern oder Minister zur Verantwortung ziehen. Allerdings sind 90 Prozent der Nationalversammlung Mitgliedern der Kommunistischen Partei - die anderen zehn Prozent gehören nicht zu einer anderen Partei, sondern sind einfach nur Nicht-Parteimitglieder.

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