Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen

Barack und Michelle Obama in Havanna.
Die erste Reise eines US-Präsidenten nach Kuba seit fast 90 Jahren.

Ein heftiger Tropenregen und nur Außenminister Bruno Rodriguez am Flughafen in Havanna: Als erster US-Präsident seit der kubanischen Revolution von 1959 ist Barack Obama im sozialistischen Havanna eingetroffen. Dabei ist der Empfang des US-Präsidenten vielleicht etwas anders ausgefallen, als es dem historischen Anlass gebühren möge. Staatschef Raul Castro wird Obama erst am Montag zu einer längeren Unterredung treffen, dann ist aber auch ein Staatsdinner geplant, wo er über eine weitere Vertiefung des Annäherungsprozesses der langjährigen Erzfeinde sprechen will.

Obama wurde begleitet von seiner Ehefrau Michelle und den Töchtern Sasha und Malia, bei der Ankunft hielt er den Regenschirm für seine Frau. Auch beim hermetisch abgesicherten Rundgang der Familie Obama durch die Altstadt von Havanna regnete es in Strömen.

Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen

Ende der Eiszeit

Ende 2014 hatten Präsident Obama und Raul Castro ein Ende der Eiszeit vereinbart, die diplomatischen Beziehungen wurden 2015 wieder vollständig aufgenommen, das US-Handelsembargo gelockert, etwa im Finanzbereich und für direkte Fährverbindungen. Seit wenigen Tagen gibt es auch wieder einen direkten Postverkehr.

Kuba fordert als nächsten Schritt eine vollständige Aufhebung des US-Handelsembargos und eine Rückgabe des seit 1903 unter US-Kontrolle stehenden Stützpunktes Guantanamo. Vor Obama war überhaupt erst ein US-Präsident dort, 1928 Calvin Coolidge.

Wenige Stunden vor dem Eintreffen von US-Präsident Barack Obama in Kuba waren dutzende Regierungsgegnerinnen festgenommen worden. Die von einigen Unterstützern begleiteten Aktivistinnen der Bewegung "Damen in Weiß" wurden am Sonntag nach einer Protestkundgebung in Havanna in Gewahrsam genommen. Bei dem Marsch in der Nähe einer Kirche forderten sie mehr Achtung für die Menschenrechte in Kuba.

Wie jeden Sonntag, wenn die Damen in Weiß ihren Marsch abhalten, wurden die meisten von ihnen am Ende der Kundgebung von Polizisten abgeführt und weggefahren, wie Reporter berichteten. Die Polizei wollte sich nicht zu den Gründen der Festnahmen äußern. Normalerweise kommen die Aktivisten, die nach dieser regelmäßigen Veranstaltung festgenommen werden, einige Stunden später wieder frei.
Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen
epa05210078 Leader of the opposition group named 'Damas de Blanco' (Ladies in White) Berta Soler, shows a letter written by US President Barack Obama to the group during a march in Havana, Cuba, on 13 March 2016. The leader of the opposition group Berta Soler, wants US President Barack Obama to meet with them during his visit to Cuba. EPA/Ernesto Mastrascusa
Unter den Festgenommenen am Sonntag war auch Berta Soler, die Vorsitzende der Damen in Weiß, die 2005 mit dem Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet wurde. Sie ist zu einem Treffen Obamas mit Vertretern der Zivilgesellschaft eingeladen. Wie SolerAFP sagte, hat sie über ihre Teilnahme aber noch nicht entschieden. Obama habe gesagt, er werde nur nach Kuba kommen, wenn es Fortschritte bei den Menschenrechten gebe, dies sei aber nicht der Fall, sagte Soler.
Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen
epa05223016 An old car passes by a house decorated with the flags of the United States and Cuba in Havana, Cuba, 20 March 2016, as the island is preparing for the visit of US President Barack Obama. US President Barack Obama, will arrrive for an official visit to Cuba from 20 to 22 March 2016, the first US president to visit since Calvin Coolidge 88 years ago, following the restoration of the normalization of diplomatic relations. EPA/ORLANDO BARRIA
An Bord der Air Force One waren auch Obamas Frau Michelle und seine beiden Töchter Malia und Sasha. Obamas historischer dreitägiger Besuch in Kuba markiert den bisherigen Höhepunkt des Annäherungskurses zwischen den vormals verfeindeten Ländern. Nun hat Obama ein dichtes Programm bis Dienstag. Treffen und Staatsdinner mit Raul Castro, Diskussion mit Unternehmern und eine im kubanischen Staatsfernsehen übertragene Rede, in der er sicher die kritische Menschenrechtslage ansprechen wird.
Es ist die erste Reise eines US-Staatsoberhaupts in den Karibikstaat seit dem Jahr 1928. Obama und der kubanische Staatschef Raul Castrohatten Ende 2014 eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden einstigen Erzfeinden aus der Zeit des Kalten Kriegs eingeleitet.

Raul Castro verfolgt eine vorsichtige Öffnungspolitik und setzt vor allem auf mehr ausländische Investitionen, besonders der Tourismussektor soll ausgebaut werden, um die Einnahmen des Staates zu stärken. Ein Treffen Obamas mit Rauls Bruder und Revolutionsführer Fidel Castro (89) war nicht geplant.

Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen
epa05223007 A man holds Cuban and US flags as several hundred people protest against US President Barack Obama's visit to Cuba in the Little Havana neighborhood of Miami, Florida, USA, 20 March 2016. The group of Cubans and others also called for democracy for the communist island nation. Obama's visit to Cuba is the first by a sitting US president in 88 years. EPA/ERIK S. LESSER
Fidel befeuerte die Feindschaft zu den USA, die Sowjetunion wurde zum wichtigsten Verbündeten - die Stationierung sowjetischer Atomraketen brachte die Welt 1962 an den Rand des Atomkriegs.

Pünktlich zum Besuch von Obama wurden auch neue Fotos von Fidel Castro veröffentlicht. Sie senden eine klare Botschaft: Auf dem Titelbild der Sonntagsausgabe der Zeitung Juventud Rebelde war Castro im Gespräch mit Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolas Maduro zu sehen, der die USA als imperialistisch und kapitalistisch kritisiert. Die Annäherung seines Bruders und Nachfolgers als Staatschef, Raul Castro, sieht Fidel skeptisch.

Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen

Obama ist der erste amtierende US-Präsident seit fast 90 Jahren, der nach Kuba kommt. Möglich gemacht hat die Reise die Wiederaufnahme der in Obamas Geburtsjahr 1961 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen. Vergangenen Sommer eröffneten die USA und Kuba wieder Botschaften im jeweils anderen Land. Zuvor hatten beide Staaten lediglich eine Interessenvertretung unter Schweizer Schirmherrschaft in der jeweils anderen Hauptstadt. Die USA strichen Kuba auch von ihrer Liste der Terrorstaaten.

Lockerung von Wirtschaftssanktionen

Das US-Handelsembargo gegen Kuba kann nur mit Zustimmung des Kongresses vollständig beendet werden. Im Kongress halten jedoch die Republikaner die Mehrheit, die gegen eine Aufhebung des Embargos sind. Deshalb wählte Obama seit Jänner 2015 den Weg, die Sanktionen aus eigener Vollmacht schrittweise zu lockern. Exil-Kubaner in den USA dürfen mittlerweile unbegrenzt Geld an Verwandte in der Heimat überweisen. Die Exportbeschränkungen für bestimmte Güter in Bereichen wie Hausbau, Landwirtschaft und öffentlicher Nahverkehr wurden aufgehoben.

US-Telekommunikationsunternehmen dürfen ebenfalls in Kuba Geschäfte machen. Dadurch soll die Bevölkerung des kommunistischen Inselstaats besseren Zugang zu Handys und zum Internet bekommen. Die USA und Kuba stellten auch die direkte Telefonverbindung und den direkten Postverkehr zwischen beiden Ländern wieder her. US-Finanzinstitutionen dürfen bei kubanischen Banken Konten eröffnen, um den Zahlungsverkehr zu vereinfachen. Reisende können auf der Karibikinsel neuerdings mit US-Kreditkarten zahlen.

Vereinfachtes Reisen

Touristen aus den USA dürfen auch weiterhin nicht auf eigene Faust nach Kuba fahren. In zwölf Kategorien wurde das Reisen aber erleichtert, etwa für Wissenschafter und Journalisten. Auch organisierte Aufenthalte mit religiösem oder sportlichem Hintergrund, Familienbesuche und Bildungsreisen sind mit deutlich geringerem bürokratischen Aufwand möglich. Im Februar unterzeichneten Washington und Havanna ein Abkommen, das einen regulären Flugverkehr zwischen beiden Ländern ermöglicht.

Am Dienstag lockerte das US-Finanzministerium die Regeln weiter und verfügte, dass US-Bürger bei Bildungsreisen nicht mehr in einer Gruppe nach Kuba kommen müssen, sondern auch individuell einreisen können. Voraussetzung sei ein "bedeutender Austausch zwischen dem Reisenden und Individuen in Kuba". Bei ihrer Rückkehr dürfen US-Bürger Güter im Wert von bis zu 400 Dollar (354,64 Euro) mitführen, darunter Alkohol und Tabakprodukte im Wert von 100 Dollar.

Knackpunkte Guantanamo und Entschädigung

Meinungsverschiedenheiten bestehen über die Zukunft des US-Militärstützpunkts Guantanamo im Südosten Kubas: Havanna verlangt die Rückgabe des Gebiets und betrachtet einen Anfang des 20. Jahrhunderts geschlossenen Pachtvertrag als ungültig, die USA wollen die strategisch wichtige Basis nicht aufgeben. Schwierig ist auch die Frage der Entschädigung von US-Bürgern und US-Unternehmen, deren Besitz während der kubanischen Revolution verstaatlicht wurde. Die Summe, die Kuba den USA deshalb schuldet, wird auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt.

Menschenrechte und Demokratie

Obama zu historischem Besuch in Kuba eingetroffen
A government supporter kisses the Cuban flag as fellow supporters shout against a regular march by the 'Ladies in White' dissident group (not pictured), hours before U.S. President Barack Obama arrives for a historic visit, in Havana, March 20, 2016. REUTERS/Ueslei Marcelino
Obama machte in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich, dass die Unterdrückung von Meinungsfreiheit und Opposition in Kuba für seine Regierung nicht hinnehmbar sei. Der Präsident setzt aber auf die Devise Wandel durch Annäherung. Die Isolation des Karibikstaats habe nur "den Status quo zementiert", sagte er. In Kuba will sich Obama mit Dissidenten treffen. Die Themen Menschenrechte und Demokratie dürfte er auch in seiner Rede an die kubanische Bevölkerung streifen.

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