Thüringen vor Neuwahl: FDP löst Landtag auf

Thüringen vor Neuwahl: FDP löst Landtag auf
FDP hat sich für Neuwahlen entschieden, der designierte Ministerpräsident Kemmerich tritt zurück. Parteichef Lindner will Vertrauensfrage stellen.
  • Thüringer FDP stellt Antrag auf Auflösung des Landtags, um Neuwahl herbeizuführen
  • Thomas Kemmerich, designierter Ministerpräsident der FDP, tritt von diesem Amt zurück
  • FDP-Chef Christian Lindner will am Freitag im Parteivorstand die Vertrauensfrage stellen
  • Merkel bezeichnet in einem Statement die Ministerpräsidentenwahl als "unverzeihlich"
  • Kemmerich war vor erst einem Tag zum Landeschef gewählt worden - mit der Unterstützung der AfD, die dafür ihren eigenen Kandidaten fallengelassen haben

Die Thüringer FDP hat angekündigt, den Landtag auflösen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Der designierte FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich, dessen Wahl am Mittwoch heftig umstritten war, will einen Tag später sein Amt wieder aufgeben. "Wir wollen den Makel der Unterstützung durch die AfD vom Amt des Ministerpräsidenten nehmen", sagte Kemmerich bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag.

Kemmerich, dessen Partei im Herbst nur knapp den Sprung in den Thüringer Landtag geschafft hatte, war am Mittwoch mit Stimmen von Liberalen, CDU und der rechtspopulistischen AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Er hatte sich nur knapp gegen den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow von den Linken durchgesetzt. Es war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsident ins Amt half.

Thüringen vor Neuwahl: FDP löst Landtag auf

Vor dem Landtag ging ein Jubel durch die Demonstranten, die seit gestern vor dem Gebäude gegen die Wahl protestiert hatten. Kurz zuvor hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wahl des liberalen FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten mit Stimmen der rechtspopulistischen AfD als "unverzeihlich" kritisiert. Das Ergebnis dieses Vorgangs müsse rückgängig gemacht werden, hatte Merkel am Donnerstagvormittag bei einem Besuch in Südafrika, womit sie sich indirekt hinter Neuwahl-Forderungen stellte.

Merkel hatte auch klargemacht, dass alles getan werden müsse, damit deutlich werde, dass dies in keiner Weise mit dem in Übereinstimmung gebracht werden könne, was die konservative CDU denke und tue.

"Perfider Trick" der AfD

Niemand hätte die Thüringer FDP zu diesem Schritt "gezwungen", sagte Kemmerich am Donnerstag. Man habe einfach die Reaktionen vor Ort, im Landtag und in den sozialen Medien bewertet. Kemmerich stellte die Situation so dar, als ob die AfD seine Partei mit einem Trick in diese Situation gebracht hätte. Mit einem "perfiden Trick" habe die AfD "die Demokratie beschädigen" wollen.

Ob er im Falle einer Neuwahl wieder als Kandidat zur Verfügung stehen will, wollte er am Donnerstag nicht beantworten. Fehler habe er keinen gemacht, sagte Kemmerich. Er findet auch nicht, dass er die Wahl nicht annehmen hätte sollen. Nach Betrachtung aller Reaktionen sei allerdings klar gewesen, dass der Rücktritt und die Auflösung des Landtags "unumgänglich" seien.

FDP-Chef Lindner stellt Vertrauensfrage

Der Parteichef der Liberalen auf Bundesebene, Christian Lindner, hat am Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz angekündigt, bei einer Sondersitzung am Freitag im Bundesparteivorstand die Vertrauensfrage zu stellen. Die Parteiführung müsse nach den aktuellen Ereignissen neu legitimiert werden, so Lindner. Er wolle und könne die Partei jedoch mit gutem Gewissen weiterführen, sagte Lindner.

Die große Frage an die FDP war einen Tag nach der Wahl, wie viel der Bundesparteichef vorab über den Trick bei den Wahlen wusste. Laut einem Medienbericht soll er im Voraus gebilligt haben, dass sich Kemmerich auch mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lässt. Das dementierte Lindner am Donnerstag allerdings wiederholt.

Die Entscheidung, den Landtag aufzulösen, verteidigte Lindner. Das Amt würde ohne Neuwahlen immer von Rechten abhängen, es müsse daher - verwendete er dieselbe Diktion wie Parteikollege Kemmerich - vom "Makel der AfD" befreit werden. Die Rechtspopulisten stehen in "weltanschaulicher Ansicht" der Position der FDP entgegen. Es habe keinen Kontakt zur AfD und keine Kooperation mit ihr gegeben, sagte Lindner.

Ramelow weiter als Kandidat zur Verfügung

Der bisherige Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow (Linke), steht nach wie vor als Kandidat für eine weitere Amtszeit bereit. Das teilte laut der "Süddeutschen Zeitung" der Vizechef der Thüringer Linken, Steffen Dittes, am Donnerstag mit.

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