"Unrentabel"
Laut Times werde die Auffrischung allen über-50-Jährigen und diversen Risikogruppen, insgesamt etwa 29 Millionen Leuten, angeboten – und zwar mindestens drei Monate nach ihrem letzten Stich. Manchen Menschen könnte auch gleichzeitig ihre Grippeimpfung verabreicht werden.
Anders als bei der erfolgreichen ersten britischen Impfkampagne, bei der auch temporäre Zentren eröffnet wurden, wollen sich die Behörden laut Berichten diesmal vor allem auf Apotheken und Hausärzte verlassen. Derzeit gehören zum britischen Impfnetzwerk rund 1.400 Apotheken, 1.000 Arztpraxen sowie 245 Spitäler und 128 andere Gesundheitszentren.
Aber manche Hausärzte drohen mit einem Boykott. Wie auch viele Firmen im Land kämpfen Arztpraxen mit Personalmangel und wegen der Inflation rasch ansteigenden Kosten. Gleichzeitig wurde die Abgeltung der Impfung durch die Regierung von 12.58 Pfund (14.95 Euro) pro verabreichter Dosis auf 10.06 Pfund (11.96 Euro) reduziert, berichtet der Independent. Eine anonyme Person, die mehrere Praxen mit Tausenden Patienten leitet, sagte der Zeitung, das geplante Booster-Programm sei daher „unrentabel“. Das Resultat: „Wir führen diesen Herbst keine COVID-Impfungen durch.“
Die Ärzteorganisation British Medical Association (BMA) fürchtet um den Erfolg der Booster-Kampagne, wenn viele Hausärzte ausfallen, und fordert mehr Finanzhilfe von der Regierung. „Zahlungen an Hausärzte für das Impfen sind um 20 Prozent gesunken, während deren Kosten in die Höhe geschossen sind“, erklärte Preeti Shukla von der BMA. „Das Moderna-Vakzin muss eingefroren und gekühlt werden, was bei steigenden Energiekosten immer teurer wird“.
Auch andere fürchten, die Booster-Pläne könnten unterminiert werden. „Dieser Winter könnte das erste Mal sein, dass wir die Auswirkungen von Covid und Grippe sehen“, warnte Steve Russell, Impfdirektor beim britischen Gesundheitsdienst. Alle Berechtigten sollten daher die Chance zum Stich erhalten und sich melden.
Experten warnen, dass ohne weitere Finanzhilfen vor allem Ärmere und Minderheiten, die misstrauischer gegenüber staatlichen Institutionen sind, den Booster verpassen könnten. „Auf sie muss man oft aktiv zugehen“, sagte ein Hausarzt dem Independent. „Und das ist nicht billig“.
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