Hohe Wahlbeteiligung
Bis zum Abend hatte sich eine deutlich höhere Wahlbeteiligung (66.3 Prozent) als zuletzt abgezeichnet – die höchste seit mehr als 20 Jahren. Dies half allerdings Premier Lapid und seinem liberal-linken Parteienblock wenig. Schon die Meinungsumfragen hatten zuletzt in die andere Richtung gewiesen:
Das Land ist weiter nach rechts gerückt – die Parteien im rechten Lager, angeführt von Netanyahus Likud, dürften insgesamt 61oder 62 der 120 Mandate in der Knesset gewonnen haben. Damit hätten sie die knappe, aber notwendige absolute Mehrheit, um eine regierungsfähige Koalition bilden zu können. Allerdings kann sich bis zur Auszählung aller Stimmen das Ergebnis auch noch einmal entscheidend ändern.
Doch schon vor Auszählung der Stimmen war klar: Will Benjamin Netanyahu zurück an die Macht, muss er ein Tabu brechen und die ultrarechte Partei „Religiöse Zionisten“ in eine Koalition holen.
Rassistische Hetzen
Dessen Parteichef Itamar Ben-Gvir, ein 46-jähriger Rechtsanwalt, erlebte mit seinen radikalen Parolen im Wahlkampf einen regelrechten Popularitätsschub: 15 Mandate hat er mit seinen „Religiösen Zionisten“ geholt; sie sind damit die drittstärkste Kraft in Israel. Die Partei war vor zwei Jahren noch kaum mehr als eine religiöse Sekte gewesen.
Mehrmals wurde Ben-Gvir in den vergangenen Jahren wegen rassistischer Hetze verurteilt. Früher galt er als Anhänger des rechtsextremen Rabbiners Meir Kahane, dessen Kach-Partei von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird.
Ben-Gvir lebt als Siedler mit Frau und fünf Kindern in Hebron. Einst posierte er unter einem Bild von Baruch Goldstein – der hatte 1994 am Grab des Patriarchen ein Massaker mit 29 Toten unter betenden Muslimen angerichtet. Im aktuellen Wahlkampf gab sich Ben-Gvir eine Spur gemäßigter und beteuerte, Goldstein sei für ihn „kein Held mehr“.
Westjordanland annektieren
Im Wahlprogramm des Uralradikalen steht: Israel müsse das gesamte Westjordanland annektieren. Und mehr noch: Auch die unabhängige Justiz des Landes solle gestutzt werden. So fordert Itamar Ben-Gvir die Entmachtung des Obersten Gerichtshofes Israels – das Parlament könnte so die Entscheidungen des Gerichts überstimmen. Ex-Premier Benjamin Netanyahu käme dies durchaus zupass: Gegen ihn laufen vor den Gerichten drei Korruptionsverfahren.
Wenn das amtliche Endergebnis feststeht, bestimmt Präsident Izchak Herzog, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Der Kandidat hat vier Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden.
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