Nelson Mandelas Erbe auf dem Prüfstand

Täglich gibt es Proteste gegen den ANC von Präsident Zuma
Bei Lokalwahlen drohen der Regierung herbe Verluste. Die Wähler haben genug von Korruption und ihrem Staatschef.

Das Ende der Rassentrennung in Südafrika ist sein Verdienst, 22 Jahre lang war der Afrikanische Nationalkongress (ANC), die Partei von Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela, unangefochtene Nummer eins im Land. Bei den Lokalwahlen am Mittwoch drohte die Partei nun erstmals auf unter 60 Prozent der Stimmen zu rutschen.

Was auf den ersten Blick nicht so schlimm scheint – bestünde für den ANC nicht auch die Gefahr, die drei Großstädte Pretoria, Johannesburg und Mandela Bay und damit erhebliche Mittel und Macht an die Opposition zu verlieren. Derzeit wird nur Kapstadt von der Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) regiert.

Gewalttätige Proteste

Wie der als Richtungswahl geltende Urnengang mit 26 Millionen registrierten Wählern ausgegangen ist, soll am Wochenende feststehen. Klar ist allerdings schon jetzt, dass die besten Jahre des ANC vorbei sind. Während die Partei von vielen älteren Schwarzen nach wie vor dafür verehrt wird, dass sie ihre Lage deutlich verbessert hat, haben die meisten Jungen den Glauben daran verloren, der ANC könne auch ihnen helfen. Die sogenannte "Born free"-Generation ist am meisten von einer seit Jahren anhaltenden Wirtschaftskrise betroffen, die allein heuer 500.000 Jobs gekostet hat, ausländische Investoren abschreckt und die Arbeitslosigkeit auf 27 Prozent trieb. Nahezu jeder zweite Südafrikaner zwischen 15 und 25 ist ohne Job.

Dazu kommen anhaltende Ungleichheit zwischen Schwarzen und Weißen, politische Misswirtschaft und vielerorts Probleme bei Strom- und Wasserversorgung, Straßenbau und Infrastruktur. "Die Zahl der Proteste ist enorm", sagt die österreichische Botschafterin in Pretoria, Brigitte Öppinger-Walchshofer. Laut südafrikanischen Sicherheitsexperten sind vier Fünftel der Proteste friedlich, täglich gebe es aber bis zu sechs gewalttätige Demonstrationen.

Verantwortlich für ihre Not machen die Menschen die lokalen Verwaltungen, die fast überall vom ANC gestellt werden. Politiker, so heißt es, würden nur sich selbst bereichern. Auch im Ausland wird vor allem im Zusammenhang mit Korruption über Südafrika berichtet – und wegen dessen umstrittenen Staatschefs Jacob Zuma.

"Duschen gegen Aids"

Der Polygamist mit vier Ehefrauen und mindestens 20 Kindern wurde jüngst vom Verfassungsgericht verdonnert, eine halbe Million Euro Staatsgelder zurückzuzahlen, die er für die Renovierung seiner Luxusvilla samt Amphitheater, Schwimmbad und Privatklinik verwendet hatte. Früher hatte der 74-Jährige u.a. mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, wonach Duschen nach dem Sex vor einer HIV-Infektion schütze.

Darüber hinaus ist der ANC – aber auch andere der 200 antretenden Parteien – durch Machtkämpfe geschwächt. "Die Gewalt im Vorfeld der Wahlen war besorgniserregend", sagt Öppinger-Walchshofer. Viele Kandidaten seien von Rivalen aus den eigenen Reihen ermordet worden.

Für Wähler aus der schwarzen Mittelschicht ist vor allem die DA zunehmend eine Alternative zum ANC, auch wenn sie immer noch als Partei der Weißen gilt. Geführt wird sie mittlerweile von einem Schwarzen, Mmusi Maimane. Die drittstärkste Kraft im Land sind die 2013 gegründeten Ökonomischen Freiheitskämpfer (EFF). Die Wahlkommission wisse um die enorme Bedeutung der Lokalwahlen und habe sich "sehr gut vorbereitet", so Österreichs Botschafterin. Die EFF kümmert das wenig – die Partei hat angekündigt, das Wahlergebnis auf jeden Fall anzufechten.

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