Transparency kritisiert: Drittel der EU-Abgeordneten mit Nebenjobs
Gut ein Drittel der Europaabgeordneten geht laut einem Bericht von Transparency International zum Teil lukrativen Nebentätigkeiten nach. Drei EU-Abgeordnete haben demnach Jobs für Organisationen, die im EU-Lobbyregister stehen, darunter der ÖVP-Europaabgeordnete Paul mit einer Tätigkeit für die Wirtschaftskammer (WKÖ). Die meisten bezahlten Nebenjobs gibt es in der Rechtsaußenfraktion ENF.
Laut dem am Dienstag in Brüssel vorgestellten Bericht von Transparency International (TI) ist der italienische Sozialist Renato Soru mit einem geschätzten Zusatzeinkommen seit Mandatsbeginn von über 1,5 Millionen Euro als Direktor des Telekommunikationsunternehmens Tiscali der EU-Abgeordnete mit den höchsten Nebenverdienst. Dahinter rangieren der litauische Pokerspieler und Unternehmer Antanas Guoga (EVP) mit bis zu 1,4 Millionen Euro sowie Liberalen-Chef Guy Verhofstadt als Direktor der Beteiligungsgesellschaft Sofina und Redner mit bis zu 1,4 Millionen Euro.
Auf Rang fünf steht die französische Ex-Justizministerin Rachida Dati (EVP) mit einem Zusatzverdienst von 768.000 Euro als Anwältin, gefolgt von dem Brexit-Wortführer Nigel Farage, der durch Verträge mit audiovisuellen Medien auf ein Zubrot von bis zu 790.000 Euro kommt, wie aus dem Bericht hervorgeht.
FPÖ-Vertreter vorne
Nach Schätzung von Transparency International verzeichnet die FPÖ-Abgeordnete Barbara Kappel Nebeneinkünfte in der Höhe von 100.035 bis 217.465 Euro, Heinz Becker ( ÖVP) 96.096 bis 480.000 Euro. FPÖ-Generealsekretär Harald Vilimsky folgt mit zusätzlichen 87.042 bis 300.000 Euro, schätzt Transparency International.
Seit Beginn der Legislaturperiode im Juli 2014 hätten sich die 751 Mitglieder des Europäischen Parlaments 18 Millionen bis 41 Millionen Euro durch diverse Nebentätigkeiten verdient - zusätzlich zu ihrem Monatseinkommen als Abgeordnete in Höhe von 8.484 Euro ohne Zulagen, schätzt Transparency International. Bei neun bis 30 EU-Abgeordneten würden die Nebeneinkünfte höher liegen als ihr Gehalt als Parlamentarier. Für den Bericht hat die Organisation rund 2.000 Erklärungen der Finanzinteressen der Abgeordneten geprüft.
Drei Abgeordnete haben Positionen für Organisationen angegeben, die im EU-Lobbyregister verzeichnet sind. Neben Rübig und seiner Tätigkeit für die WKÖ sind auch die luxemburgische Ex-EU-Kommissarin Viviane Reding als Mitglied im Aufsichtsrat der Bertelsmann-Stiftung und die niederländische Sozialdemokratin Agnes Jongerius als Mitglied im Kontrollgremium der niederländischen PostNL erwähnt. "Solche Rollen müssen nicht mit Lobbying im Europäischen Parlament verbunden sein, aber die betroffenen Abgeordneten müssen das auch klarmachen, vor allem in Hinblick auf das explizite Lobbying-Verbot im Verhaltenskodex des Europäischen Parlaments", fordert Transparency International.
Schärfste Kritiker mit meisten Nebeneinkünften
Nach politischen Gruppen betrachtet hatte die EU-kritische Fraktion Europa der Nationen und Freiheit (ENF), der auch die FPÖ angehört, die meisten Abgeordneten mit bezahlten Nebenjobs (54 Prozent), gefolgt von der Europäischen Volkspartei (EVP) mit 37 Prozent und der zweiten rechtspopulistischen Fraktion EFDD (Europa der Freiheit und Direkten Demokratie) mit 36 Prozent. Es sei auffallend, dass die schärfsten Kritiker der EU und der politischen Eliten die meisten Nebeneinkünfte hätten, sagte Daniel Freund von Transparency International.
Unter den Europaabgeordneten mit den meisten Nebentätigkeiten sind auch drei ÖVP-Europaabgeordnete, nämlich Lukas Mandl mit zwölf sowie Heinz Becker und Paul Rübig mit jeweils sechs.
Rübig: "Ich bin Schmied"
Rübig hat Vorwürfe von Transparency International (TI) im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit für die Wirtschaftskammer (WKÖ) am Dienstag jedoch zurückgewiesen. Er beziehe dort "kein Gehalt, sondern es gibt die im Wirtschaftskammergesetz vorgesehenen Aufwandsentschädigungen für diese öffentlich-rechtliche Tätigkeit", erklärte Rübig am Dienstag auf Anfrage gegenüber der APA.
Wie hoch die Entschädigungen sind, gab der EU-Abgeordnete nicht an. Rübig betonte weiters: "Ich bin Schmied. Die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer ist in Österreich gesetzlich vorgeschrieben. Sie ist sogar im Verfassungsrang. Ich bin wiederholt von österreichischen Unternehmern zu ihrem demokratisch legitimierten Vertreter in der Wirtschaftskammer gewählt worden."
Hinweis: Die Meldung wies zunächst irrtümlicherweise auch für den FPÖ-Europaabgeordneten Georg Mayer Nebeneinkünfte aus. Tatsächlich sind in dem Bericht von Transparency International keine zusätzlichen Einkommen verzeichnet.
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