Nächster Angriff auf US-Botschaft

Nächster Angriff auf US-Botschaft
Demonstranten stürmten die amerikanische Botschaft im Jemen und steckten Fahrzeuge in Brand. In Berlin wurde das US-Konsulat wegen einer verdächtigen Chemikalie teilweise geräumt.

Die Wut über einen islamfeindlichen Film kocht in der Arabischen Welt weiter hoch. Nach den blutigen Unruhen in Ägypten und Libyen haben die Proteste nun auch Tunesien und den Jemen erreicht. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa drangen am Donnerstag Demonstranten auf das Gelände der US-Botschaft vor und setzten dort mehrere Fahrzeuge in Brand. Lokale Medien berichten, es habe Verletzte gegeben, als die Wachleute die Protestierenden wieder nach draußen zurückdrängten. Aufregung gibt es auch in Berlin: Dort wurde das US-Konsulat teilweise geräumt. Ein Besucher hatte offenbar eine giftige Chemikalie in das Gebäude gebracht.

Unterdessen sind in den USA nach dem tödlichen Angriff auf Amerikas Botschafter in Libyen Spekulationen über eine Verwicklung des Terrornetzwerkes Al-Kaida laut geworden. Es könne sich um einen gezielten Anschlag der Gruppe am 11. September gehandelt haben - dem elften Jahrestag ihrer Terrorangriffe auf die USA, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Abgeordnetenhaus, Mike Rogers. Bei der Attacke auf das Konsulat in Bengasi waren in der Nacht zuvor der Botschafter Chris Stevens und drei weitere Amerikaner ums Leben gekommen."Das war ein sehr gut durchdachtes, koordiniertes Ereignis. Ich glaube, es war geplant, dass es an diesem Datum passiert", meinte der Republikaner.

Ähnlich äußerte sich der Islam-Experte Fouad Ajami von der Stanford University im Sender CNN: Es gebe immer noch viele aktive Al-Kaida-Kämpfer in Libyen. Die Angreifer setzten Brandbomben und Panzerfäuste ein. Sie hätten das Hauptgebäude und später auch die Nebengebäude mehr als vier Stunden lang beschossen, sagte eine Beamtin des US-Außenamtes in Washington. Das Konsulat habe erst nach großer Gegenwehr amerikanischer und libyscher Sicherheitskräfte evakuiert werden können. Botschaftsmitarbeiter und auch die Leichname seien auf die US-Militärbasis im pfälzischen Ramstein gebracht worden. Die Vertretung in Tripolis arbeite nur noch im Notbetrieb.

Marines und Kriegsschiffe nach Libyen

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Ein hoher Mitarbeiter des Pentagons wollte in US-Medien geäußerte Spekulationen nicht bestätigen, dass es sich um einen Al-Kaida-Angriff gehandelt haben könnte. Er meinte aber, dass es eine "komplexe Attacke" gewesen sei. Der TV-Sender CNN berichtete, dass rund 50 US-Marines in Libyen eingetroffen seien, um Amerikaner zu beschützen. Zudem wolle Präsident Barack Obama Drohnen schicken, um mögliche Islamisten-Camps aufzuspüren. Auch seien zwei Kriegsschiffe an die libysche Küste verlegt worden. Die US-Bundespolizei FBI habe Ermittlungen gestartet. Obama hatte am Mittwoch angekündigt, die "Mörder" zur Verantwortung zu ziehen.

Der Vorfall löste mitten im US-Wahlkampf auch eine innenpolitische Debatte aus. Obama kritisierte seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney dafür, dem Weißen Haus vorschnell Vorwürfe gemacht zu haben. Romney hatte seinem Kontrahenten zuvor mangelnde Führungskraft in der Außenpolitik vorgeworfen. "Romney scheint die Tendenz zu haben, erst zu schießen und später zu zielen", sagte Obama in einem Interview mit dem TV-Sender CBS.

Proteste weiten sich aus - Aufregung in Berlin

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Nach den blutigen Unruhen in Ägypten und Libyen hat der Protest gegen den anti-islamischen Film weitere arabische Staaten erreicht. In der tunesischen Hauptstadt Tunis haben am Mittwoch etwa 300 Demonstranten amerikanische Flaggen vor der US-Botschaft verbrannt. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die aufgebrachte Menge vor.

Aus der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wird gemeldet, dass auch dort Demonstranten in die US-Botschaft eingedrungen sind und Fahrzeuge in Brand steckten. Die Polizei habe Warnschüsse abgegeben, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Lokale Medien berichten, es habe Verletzte gegeben. Die wütenden Eindringlinge wurden mittlerweile von Sicherheitskräften zurückgedrängt.

Auch in der ägyptischen Hauptstadt Kairo halten die Krawalle an. Sicherheitskräfte feuerten in der Nähe der US-Botschaft mit Tränengas auf Demonstranten, die mit Steinen warfen. Augenzeugen berichten von Demonstranten mit Molotow-Cocktails und von Rauch in einer der Straßen, die zur US-Botschaft führen. Im Fernsehen waren Hunderte vor dem Gebäude der US-Vertretung zu sehen. Der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge gab es Verletzte.

Die Proteste sind am Donnerstag auch auf den Iran übergegriffen. Rund 500 Personen haben in Teheran protestiert und lautstark den Tod des Filmemachers gefordert. Die Demonstranten versammelten sich vor der Schweizer Botschaft, die die Interessen der USA im Iran vertritt. Sie riefen "Tod den USA" und "Tod für Israel". Hunderte Wachleute hielten die Iraner davor zurück, die Botschaft zu stürmen. Die USA und der Iran unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.

Auch in Europa gab es Aufregung: Das US-Konsulat in Berlin ist am Donnerstag teilweise geräumt worden, weil drei Mitarbeiterinnen über Unwohlsein geklagt hatten. Wie ein Sprecher der Polizei Spiegel online sagte, steht ein Besucher im Verdacht, eine giftige Chemikalie in das streng bewachte Gebäude gebracht zu haben. Derzeit werde das Gebäude auf weitere Chemikalien untersucht.

Hintergrund

Hintergrund der Proteste in der arabischen Welt ist die Veröffentlichung des Amateurfilms "Innocence of Muslims" ("Unschuld der Muslime") im Internet. Produziert wurde der zweistündige Film, in dem der Prophet Mohammed beschimpft und als Frauenheld, Kinderschänder und Mörder dargestellt wird, von dem israelischstämmigen US-Bürger Sam Bacile, der sich momentan versteckt hält.

Zu dem umstrittenen Film gibt es einen 14-minütigen Trailer, der auf dem zum US-Internetkonzern Google gehörenden Videoportal Youtube zu sehen ist. Google sperrte den Trailer zwar in Ägypten und Libyen wegen der besonderen Umstände dort. Ansonsten sind die Filmausschnitte aber frei zugänglich. Google will das Video nach eigener Auskunft nicht aus dem Netz nehmen, weil dieses nicht gegen die eigenen Richtlinien verstoße.

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