Nächste Eskalationsstufe: Berlin prüft Soldaten-Abzug aus Türkei

Ministerin Von der Leyen war zuletzt 2016 in Incirlik.
Ankara untersagt deutschen Politikern den Zugang zum Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Das könnte erstmals Konsequenzen haben.

Man weiß nicht, ob es der anstehende Wahlkampf ist – oder ob die Anwürfe irgendwann zu viel geworden sind: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat Ankara nun erstmals im seit mehr als einem Jahr dauernden Streit mit Konsequenzen gedroht. Weil die Türkei es deutschen Abgeordneten untersagt hat, die im türkischen Incirlik stationierten NATO-Soldaten zu besuchen, denkt man über einen Abzug nach.

Das ist insofern beachtlich, als die Situation im Juli vergangenen Jahres ähnlich verfahren war. Auch damals verweigerte die Türkei deutschen Parlamentariern den Zugang zu dem Kontingent – derzeit sind 260 Soldaten, mehrere Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeuge dort stationiert; sie fliegen Unterstützungsmissionen im Kampf der internationalen Koalition gegen den "Islamischen Staat".

Jordanien als Alternative

War es damals die Armenien-Resolution des Bundestags, die den türkischen Staatschef Erdoğan den Besuch verweigern ließ, ist es nun der Umstand, dass deutsche Behörden türkischen Offizieren Asyl gewährt haben – das dürfte für noch härtere Fronten gesorgt haben: Im vergangenen Jahr erzielte man nach langen Gesprächen einen Konsens, der sogar die Ankündigung einer Millioneninvestition in den türkischen Standort nach sich zog. Aktuell scheint eine Einigung trotz vieler Gespräche in den vergangenen Wochen nicht in Reichweite, weshalb man zu Drohungen greift. Man prüfe andere Standorte, ließ Merkel wissen. "Eine Alternative ist Jordanien", sagte sie am Montag, auch Zypern oder Kuwait kämen in Frage. Davon hat man bisher abgesehen, da eine Übersiedelung mit hohen Kosten verbunden ist.

Dass damit das letzte Wort gesprochen ist, ist aber unwahrscheinlich. Kommende Woche trifft Merkel beim NATO-Gipfel in Brüssel auf Recep Tayyip Erdoğan, auch US-Präsident Donald Trump ist anwesend. Gut möglich, dass sich dabei eine Möglichkeit ergibt, die Probleme aus der Welt zu schaffen – vorsorglich hat Berlin jedenfalls am Montag auch Hoffnungen der Türkei auf deutsche Wirtschaftshilfe gedämpft.

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