Endstation Sehnsucht: Eine Fahrt im Zug von Wien nach Kiew

Endstation Sehnsucht: Eine Fahrt im Zug von Wien nach Kiew
Täglich fährt vom Wiener Hauptbahnhof ein Zug in die Ukraine. Sein Ziel ist unerreichbar: das alte Leben, das es so nicht mehr gibt.

Wenn der Krieg zum Alltag geworden ist, dann ist es wohl auch normal, sich in einen Zug zu setzen und im Krieg nach dem Rechten zu sehen.

„Ich muss nach Hause. Sonst gibt es ja niemanden, der sich um mein Haus kümmert“, sagt Valentina, 60, dunkles Haar. Der Blick geht zum Fenster, sie sieht müde aus. Nach Slowjansk fahre sie, ja, natürlich das sei weit, und auch gefährlich. 2.000 Kilometer von Wien, zuerst mit dem Nachtzug 24 Stunden bis Kiew, dann mit der Elektritschka in den Osten, fast bis nach Bachmut. Ihr Haus sei leer, sagt sie, und die Gegend auch. „Die Nachbarn sind alle weg.“ Die Bomben waren zu nah.

Vier Mal war Valentina seit Kriegsbeginn zu Hause, in ihrem „richtigen Zuhause“, sagt sie. Warum macht man das? Wieso fährt man mehr als zwei Tage, um dann in einem leeren Haus zu stehen, ein paar Kilometer entfernt von der Front, die Schüsse ständig im Ohr? Gerade noch hat Valentina von ihrer Tochter, die in ihrer kleinen Wohnung in Niederösterreich auf sie wartet, erzählt. Doch auf diese Frage sagt sie nichts. Vielleicht auch, weil die Antwort zu sehr schmerzt.

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