Nach Trumps Drohung: Kippt der Atomvertrag mit dem Iran?
Am 15. Oktober wird es ernst. An diesem Tag muss die US-Regierung den Kongressabgeordneten in Washington berichten, ob der Iran die im Atomabkommen von 2015 verankerten Auflagen ihrer Meinung nach erfüllt.
Bisher waren diese Berichte, die alle drei Monate fällig sind, reine Formsache - doch diesmal ist es anders. Wird doch erwartet, dass US-Präsident Donald Trump rund um die Veröffentlichung bekannt geben wird, ob er den Vertrag aufkündigen will oder nicht.
Und danach sieht es derzeit aus. Laut dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel gibt es eine "klare Botschaft" der USA, das Abkommen nicht länger mittragen zu wollen.
Besonders drastisch hatte diesen Standpunkt Trump selbst vertreten, als er den Vertrag bei der UN-Generalversammlung in New York als "Erniedrigung für die USA" und den Iran als Schurkenstaat bezeichnet hatte.
Weltweit steigt nun die Sorge, dass es neben dem zuletzt eskalierten Konflikt mit Nordkorea nun wieder eine zweite Nuklearkrise geben könnte.
Alle Auflagen erfüllt
Hauptsächlich hat sich der Iran in dem mit den USA, Deutschland, Großbritannien, China, Frankreich und Russland vereinbarten Deal verpflichtet, seine Urananreicherung drastisch herunterzufahren und verschärfte internationale Kontrollen zuzulassen.
Das soll verhindern, dass das Land Atomwaffen entwickeln kann - was es laut Regierung in Teheran nie vorhatte.
Im Gegenzug für die Kooperation sollen Strafmaßnahmen gegen das wirtschaftlich darnieder liegende Land nach und nach aufgehoben werden.
Zwar räumen selbst hochrangige Mitglieder der Trump-Regierung wie Außenminister Rex Tillerson ein, dass der Iran alle Auflagen erfüllt. Das bestätigte jüngst auch die Internationale Atomenergieorganisation IAEO, die das Atomprogramm des Iran penibel überwacht.
Laut Gabriel stoßen sich die USA allerdings daran, dass der Iran seine Politik in anderen Bereichen - die allerdings nie Teil des Deals waren - nicht geändert hätten.
So kritisieren sie etwa die Rolle Teherans in den Konflikten in Syrien, im Jemen und im Irak sowie die Fortsetzung des iranischen Raketenprogramms.
Durch diese Maßnahmen würden Teheran den grundsätzlichen "Geist" des Abkommens nicht erfüllen, nämlich einen "positiven" Beitrag zur Sicherheit in der Region zu leisten - was im Vorwort der Vereinbarung festgeschrieben sei.
Offenbar wollen die USA eine Neuverhandlung des Deals erreichen und ihn so im Sinne Trumps abändern. Das kommt für Teheran nicht in Frage. Über das Abkommen sei zwei Jahre lang verhandelt worden, „über jedes einzelne Wort und jeden einzelnen Satz“, sagte Staatschef Hassan Rouhani.
Wie geht es nun weiter?
Berichtet die US-Regierung dem Kongress, dass der Iran seine Auflagen nicht erfüllt, hat dieser sechzig Tage Zeit, darüber zu entscheiden, ob die ausgesetzten Sanktionen wieder in Kraft treten sollen. Falls die Abgeordneten dem zustimmen, würde das bedeuten, dass die USA ihrerseit ihre Auflagen nicht erfüllen, was de facto einem Ausstieg aus dem Vertrag bedeutet.
Die iranische Regierung hat mehrmals angekündigt, dass ein Rückzug der USA aus der Sicht Teherans nicht unbedingt das Ende des Vertrags bedeuten würde. Hielten sich die übrigen Vertragspartner weiter an den Deal, würde man das auch tun. Sein Land hätte bei einem Vertragsausstieg der USA allerdings "freie Hand" zu handeln, warnte Präsident Rouhani.
"Verstand haben - und lesen"
Trumps Vorgänger Barack Obama, der den Atomdeal maßgeblich mitverantwortet hat, hat die jüngsten Verbalattacken des US-Staatschefs indes heftig kritisiert.
Dessen "Amerika zuerst"-Politik und die Aufforderung an andere Länder, ebenfalls zuerst eigene Interessen zu verfolgen, sei kurzsichtig.
Kein Land könne Probleme wie etwa den Klimawandel im Alleingang lösen, sagte Obama bei einem Forum der Bill und Melinda Gates Stiftung. "Du musst nichts von deiner Souveränität abgeben, es macht dich nicht weniger patriotisch, du musst einfach etwas Verstand haben - und lesen."
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