Nach 18 Monaten hat Israel eine neue Regierung

Benjamin Netanjahu ist Wahlsieger in Israel.
Netanjahu konnte Benny Gantz für sich gewinnen - nur nicht dessen ganzes Bündnis.

Nach 18 Monaten Übergangsregierung und drei unentschiedenen Wahlgängen in einem Jahr erreichte Israel am Donnerstagnachmittag doch noch die Bildung einer neuen Koalition. So melden es - offiziell unbestätigt - Israels Medien: Benjamin Netanyahu bleibt Premier. Benny Gantz, sein Herausforderer, wird neuer Parlamentsvorsitzender, soll aber auch als Außenminister und Vizepremier fungieren. Eine bislang in Israel unbekannte Dreierrolle. Nach einer noch unbekannten Frist soll es zu einer Rotation im Amt zwischen Netanyahu und Gantz kommen.

Zwei mit der Chossen-Partei von Gantz in der Blau-Weiß-Liste verbündete Parteien kündigten Gantz sofort nach Bekanntwerden der Einigung das Bündnis. Sie verbleiben in der Opposition. „Gantz hat sich entschlossen, in Netanyahus Kabinett zu kriechen“, kommentierte sein Ex-Partner von der Zukunftspartei, Yair Lapid. Mosche Yaalon von der Telem-Partei sieht den Schritt als politischen Selbstmord: „Gantz ist doppelt gescheitert. Er kapitulierte unter Bruch seines Wahlversprechens vor Netanyahu und kann nicht einmal Blau-Weiß vereint halten.“

Mit ins Kabinett sollen noch die Sozialdemokraten und die Ein-Frau-Fraktion Gescher von Levi Abekassis. Wodurch die Koalition auf eine Mehrheit von 78 der 120 Abgeordneten in der Knesset käme.

Die Ministerien für Auswärtiges, Verteidigung, Kommunikation, Justiz und Wirtschaft gehen an die Chossen-Partei von Gantz. Als Vorsitzender der Knesset behält er noch eine wichtige Kontrollfunktion über die Gesetzgebung. Er kann so ein neues Immunitätsgesetz fördern, aber auch verhindern.

Davon hängt ab, ob ein Prozess wegen Betrug, Veruntreuung und Korruption gegen Netanyahu im Mai eröffnet werden kann. Das Gesetz könnte auch einen Verbleib Netanyahus im Amt unter Anklage verbieten. Einzelheiten über eine Regelung wurden am Donnerstag nicht bekannt, doch dürfte Netanyahu kaum einer Gesetzesänderung zu seinen Ungunsten zugestimmt haben.

Der Likud Netanyahus verbleibt mit dem Finanzministerium, weitere wichtige der noch verbleibenden Ministerien wie Erziehung, Gesundheit und Inneres gehen an die rechten Bündnisparteien. Ein deutlicher persönlicher Erfolg für Netanyahu und Gantz. Ihre Parteien bleiben frustriert oder gespalten zurück. Zur anstehenden Abstimmung zur Wahl desneuen  Vorsitzenden der Knesset, der die neue Regierung vereidigen muss, will ein großer Teil der Blau-Weiß-Liste aus Protest fernbleiben. Sie stellten auch bereits den Antrag, nach einer Spaltung den Namen Blau-Weiß weiter zu behalten.

Eine überraschende Wende im Jahrzehnte lang unveränderlichen Unentschieden zwischen Rechts und Links im Parlament Israels. Es bestätigt zum Einen die Rechtsausrichtung der politischen Szene Israels. Aber auf Kosten einer deutlichen Ablehnung Netanyahus auch durch rechte Wähler, die in drei Wahlkämpfen wiederholt nur deshalb Gantz unterstützten. Die genauen Abmachungen zwischen Gantz und Netanyahu sind noch nicht bekannt. Eines aber zeichnet sich ab, sollte es tatsächlich zu dieser Koalition kommen: Gantz verschwindet in einem Kabinett Netanyahus, der es wieder einmal geschafft hat.

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