Mythos D-Day als Kriegslegitimation

Der militärische Erfolg der USA als Befreier konnte nie mehr wiederholt werden.

"Okay, let’s go", lautete der knappe Befehl am 6. Juni 1944, ausgesprochen von Dwight D. Eisenhower, Oberbefehlshaber der alliierten Invasionsarmee. Er startete die größte Landungsoperation der Geschichte, die die Niederlage Nazi-Deutschlands einleitete (siehe unten).

Beim ersten großen Jubiläum 1954 weigerte sich Eisenhower, inzwischen US-Präsident, den Tag zu feiern. Zu klar waren ihm die Tausenden Toten und Verletzten vor Augen, die auf seinen Befehl hin den Strand gestürmt hatten und von deutschen Maschinengewehren niedergemetzelt worden waren.

Spektakel

Trotz der großen Verluste galt der D-Day jahrzehntelang als militärischer Erfolg schlechthin. Kriegsveteranen werden verehrt, Hollywood-Filme nähren den Mythos, Touristen pilgern in die Normandie. Dort wird der D-Day heuer mit einem Spektakel begangen: Fallschirmspringer, Boote, Amphibienfahrzeuge und historische Panzer bieten eine grandiose Show. In der Nacht auf Freitag waren Feuerwerke an den wichtigsten Landungspunkten von 1944 geplant.

Der D-Day wurde stets auch politisch verwertet. Immer wieder diente er US-Regierungen als Legitimation für Kriegseinsätze. Die USA als siegreiche Befreier – dieser Erfolg konnte aber nie wiederholt werden. Die Einsätze in Korea, Vietnam, Afghanistan und im Irak sowie der Krieg gegen den Terror wurden zu Debakeln. Insgesamt weit mehr als 100.000 US-Soldaten ließen ihr Leben. Die politischen Ziele wurden nur teils erreicht: Nordkorea und Vietnam sind immer noch kommunistisch, in Afghanistan und Irak wurden zwar die autoritären Regime gestürzt, nun herrschen aber Chaos und Gewalt. El Kaida ist geschwächt, aber noch aktiv.

Ernüchterung

Während sich US-Präsident George W. Bush noch als Kriegsherr gerierte, gibt sich sein Nachfolger Barack Obama nüchterner. Es sei leichter, einen Krieg anzufangen, als ihn zu beenden, sagte der Friedensnobelpreisträger von 2009. Aus dem Irak sind die USA abgezogen, Afghanistan soll bis Ende 2016 folgen. Bei den Bürgerkriegen in Libyen und Syrien war von einer Truppenentsendung bisher nicht die Rede. Wohl auch mit Blick auf die öffentliche Meinung, die Einsätzen im Ausland inzwischen kritisch gegenübersteht – dem Mythos D-Day zum Trotz.


USA als "Befreier". Militärischer Erfolg vom Juni 1944 konnte nie wiederholt werden

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