Mussolinis Erbe: Warum Italien nicht vom "Duce" loskommt

Mussolinis Erbe: Warum Italien nicht vom "Duce" loskommt
Die Machtergreifung des Faschismus jährt sich zum 100. Mal, und in Rom sitzt eine Regierung, die so rechts ist wie kaum eine zuvor. Der Faschismus gehört hier zur Folklore, ernsthafte Aufarbeitung gab es nie.

Der 28. Oktober ist nicht irgendein Tag in Italiens jüngster Geschichte, in diesem Jahr schon gar nicht. Am 28. Oktober 1922, also vor genau 100 Jahren, nahmen Zigtausende „Camicie Nere“, Mussolinis Miliz der Schwarzhemden, am Marsch auf Rom teil – dem folgte die Machtergreifung des Faschismus .

Umso absurder hört sich folgendes Ereignis an, das sich vor einer Woche zugetragen hat. Es geht dabei um den römischen Palazzo Piacentini, einen wuchtigen faschistischen Bau, von Mussolinis Staatsarchitekten Marcello Piacentini entworfen. Heute befindet sich hier das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, ursprünglich war er das Hauptquartier der faschistischen Körperschaften. Eingeweiht wurde der Bau am 30. November 1932. Zum diesjährigen 90. Jahrestag hatte das Ministerium eine Ausstellung mit den Porträts aller Ex-Minister in diesem Amt konzipiert. Und mittendrin fand sich auch ein Bild von Mussolini.

„Alle Erben des Duce“

Das Mitte-Links-Lager reagierte entrüstet. Der erst vor einer Woche gewählte Präsident des Senats, Ignazio Benito Maria La Russa, Mitglied der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia, erwiderte jedoch: „Wollen wir jetzt auch hier die Cancel Culture einführen?“ Außerdem, fügte er hinzu, sei die Aufregung scheinheilig. Immerhin hänge im Palazzo Chigi, dem Sitz der italienischen Regierung, schon immer neben den Porträts der ehemaligen Ministerpräsidenten auch das von Mussolini.

Daraufhin versickerte die Debatte, obwohl die Nachricht eigentlich wie eine Bombe hätte einschlagen müssen. Man stelle sich vor im Bundeskanzleramt in Berlin hinge ein Bild von Hitler. Doch auch eine andere Aussage von La Russa hat unlängst nicht wirklich für Entrüstung oder Debatten gesorgt: „Wir sind alle Erben des Duce, wenn mit Erbe das Italien unserer Väter und Großväter gemeint ist.“

Umso interessierter schaut Italien heuer auf den 28. Oktober. Denn erstmals ist eine Regierung im Amt, die mehr rechts als in der Mitte steht, und deren Chefin Giorgia Meloni Gründerin und Vorsitzende von Fratelli d’Italia ist.

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