Parlamentswahlen in Moldau: Putin investiert Millionen gegen Sandus EU-Kurs

Von Franziska Trautmann
Am Sonntag wählt Moldau ein neues Parlament – Wahlen, die politisch maßgebend für die Zukunft des Landes sein werden. Nicht nur in der einheimischen Bevölkerung, sondern auch international wird die Parlamentswahl als Entscheidung zwischen einer EU-Mitgliedschaft und einer engeren Bindung zu Russland gesehen. Der Zwiespalt innerhalb des Landes und instabile politische Strukturen haben in den Monaten vor den Wahlen Nährboden für pro-russische Propaganda auf den sozialen Medien gegeben.
Der kleine Staat zwischen Rumänien und Ukraine mit 2,6 Millionen Einwohnern wird seit 1990 durch einen Keil gespaltet. Damals löste sich die Region Transnistrien von Moldau und ist seitdem wirtschaftlich und militärisch von Russland abhängig. Seitdem versucht Moskau immer wieder, das ganze Land pro-russisch zu trimmen.
Russische Propaganda auf TikTok
Bis jetzt konnte die pro-europäische „Partei der Aktion und Solidarität“ (PAS) von Präsidentin Maia Sandu mit absoluter Mehrheit regieren, bei den kommenden Wahlen stehen die Chancen schlechter. Laut Umfragen würde sie nur 30 bis 40 Prozent erreichen. Ohne eine geeignete Koalition könnt sie ihre Regierungsmacht gegen den aufsteigenden Patriotischen Block, der offen mit dem Kreml verbündet ist, verlieren. Der Zusammenschluss mehrere kleinerer pro-russischer Parteien steht unter der Führung des ehemaligen Präsidenten Igor Dodon.
Rückenwind bekommt der Patriotische Block von Russland. Es ist nicht das erste Mal, dass Putin versucht, sich bei Wahlen mitzureden – im Frühling sorgte bereits die Einmischung Russlands in die rumänische Präsidentschaftswahl für Wirbel, als der pro-russische Rechtsextremist Călin Georgescu fast mithilfe des Kremls gewann.
Seit Wochen meldet Moldaus Regierung russischen Einfluss im Wahlkampf. Die Strategie des Kremls liegt der Nachrichtenagentur Bloomberg vor und wurde im Frühjahr fertiggestellt. Das Ziel: die Chancen der PAS zu untergraben und Sandu abzusetzen.
Russland investierte bereits mehr als 100 Millionen Euro in seine Taktiken. Im Ausland lebende Wähler zu kaufen ist nur ein Punkt darauf. Der Kreml soll ausgewählten Personen Skripte und Einschulungen für TikTok-Videos bereitgestellt haben, um gezielt den Algorithmus auf der Plattform zu manipulieren. Botschaften wie „Sandu sei eine Diktatorin“ oder „eine Marionette der EU“ und „die EU zerfalle in drei Jahren“ sind dadurch viral gegangen.
Laut dem Dokument spielen sich Russlands Taktiken nicht nur im Netz, sondern auch auf Moldaus Straßen ab. Junge Männer aus Sportvereinen und kriminellen Netzwerken sollen rekrutiert werden, um während der Wahl und den Protesten gewaltsame Provokationen zu inszenieren. Erst am Montag zerschlug die Strafverfolgungsbehörde ein solches vom russischen Militärgeheimdienst GRU unterstütztes Netzwerk.
Ist die Zukunft europäisch?
„Moldau ist ein wichtiger Spielball im geopolitischen Ringen in Europa. Spätestens seit den Präsidentschaftswahlen letztes Jahr weiß man, wie wichtig es Russland ist, Moldau in seinen Einflussbereich zurückzugewinnen“, erklärt Bernhard Drumel, internationaler Geschäftsführer der Concordia Sozialprojekte. Die NGO arbeitet seit 21 Jahren in Moldau und zählt als Größte landesweit. Laut Drumel wolle man unabhängig von der politischen Ausrichtung des Landes weiterhin Hilfe leisten, denn „ein Drittel der Menschen im Land leben in absoluter Armut und davon ist fast jedes zweite Kind betroffen.“
Nicht nur die Armut, sondern auch der Ukrainekrieg und die steigende Inflation sind Wahlkampfthemen. Laut Drumel sei die Bevölkerung zwiegespalten: „Auf der einen Seite hat man die städtische Bevölkerung und auch die Diaspora, die beide stark europafreundlich sind. Und dann gibt es in den ländlicheren Gebieten eine erhebliche Anzahl von Menschen, die immer noch sehr stark russlandfreundlich gesinnt sind.“
Bereits 2022 Beantragte Moldau einen Beitritt zur EU, im Juni desselben Jahres bekamen sie den Kandidatentitel. Die PAS kündigte als zentrales Versprechen eine EU-Integration bis 2028 an. Für viele ein wichtiger Schritt in Richtung Stabilität. Mehr als eine Millionen Menschen leben außerhalb von Moldau, ein Drittel der Bevölkerung. Dadurch fehlt im Land selbst ein Großteil an Wirtschaftstreibenden. Mit einem EU-Beitritt erhofft man sich bessere globale Beziehungen zu anderen EU-Ländern und eine gesicherte Zukunft für jüngere Generationen.
Trotzdem zweifeln viele Moldauer, ob es mit der EU tatsächlich besser werden würde. Am Land herrscht oft der Gedanke einer korrupten EU und die Angst, für die Bevölkerung vorgesehene Gelder werden veruntreut. Mithilfe von Russland spielt der Patriotische Block in die Ängste der Bevölkerung und verspricht, Moldau durch bessere Beziehungen zu Russland wieder auf Kurs zu bringen.
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