Drohnen-Angriff: Putin hofft darauf, dass sich die NATO blamiert

Ob Moskau die Drohnen Richtung Dänemark und Norwegen geschickt hat, ist nicht klar. Fest steht nur, dass der Westen höchst alarmiert ist: Nachdem russische Drohnen bis nach Polen und Putins Kampfjets über Estland flogen, legten am Montag Drohnen die Airports Kopenhagen und Oslo lahm. Der „bislang schwerwiegendste Angriff auf die kritische Infrastruktur Dänemarks“ sei das gewesen, sagte die dänische Premierministerin Mette Frederiksen, ein „versierter“, sprich staatlicher Akteur stünde dahinter. Das Wort Russland nahm sie nicht in den Mund, wohl ganz bewusst.
Was Europa in den letzten Tagen erlebt, hat eine neue Dimension. Zwar drangen seit dem Beginn von Putins Invasion der Ukraine immer wieder russische Flugzeuge in Europas Luftraum ein, aber derart bewusste Provokationen gab es noch nie. „Wir sind nicht naiv“, sagte NATO-Generalsekretär Mark Rutte darum in Richtung Moskau: Das Bündnis würde alle „militärischen und nicht-militärischen Mittel einsetzen“, um sich zu sich zu verteidigen.
Abschießen oder nicht?
Das schließt auch den Abschuss von Jets nicht aus. Doch der Teufel bei solch großen Worten steckt bekanntlich im Detail: Ob ein russischer Jet wirklich vom Himmel geholt wird, liegt im Ermessen jedes einzelnen Mitgliedsstaates – Polen etwa hat eine solche Reaktion bereits angekündigt, die baltischen Staaten ebenso. Die NATO als übergeordnetes Organ sieht eine solche Antwort aber nicht vor.
Dafür bräuchte es einen einstimmigen Beschluss aller Mitglieder, den vor allem die USA und wohl Deutschland blockieren würden. Rutte umschiffte die Frage danach darum diplomatisch: Die Reaktion hänge „von der Situation ab“, jeder Fall werde „einzeln beurteilt“.

NATO-Generalsekretär Mark Rutte.
Das NATO-Dilemma
Ruttes Worte mögen also drastisch klingen, eigentlich offenbaren sie aber nur das Dilemma der NATO: Zum einen hat Putin deutlich gemacht, wie schwach die Drohnenabwehr des Bündnisses aufgestellt ist – Polen konnte bei Weitem nicht alle Drohnen abschießen. Zum anderen zeigt sich, wie schwer sich der Westen mit einer geeinten, dem Völkerrecht entsprechenden Antwort tut. Absichtliche Verletzungen des Luftraums, die einen Abschuss juristisch rechtfertigen, sind nämlich äußerst schwer zu beweisen – Moskau behauptet bis heute, die Drohnen in Polen seien aus der Ukraine gekommen, und die Jets über Estland hätten sich „verirrt“.
Putin kann sich darum zufrieden zurücklehnen. Er warte darauf, dass sich die NATO blamiere, sagen Experten. Und seine Provokationen haben auch militärische Effekte: Sie binden Luftabwehr an der Ostflanke – NATO-Ressourcen, die nie in der Ukraine landen.
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