Moldau wählt pro-EU: Bombendrohungen und Wahlbetrugsvorwürfe

Von Franziska Trautmann
In der moldauischen Hauptstadt Chişinău weht an den Hausfassaden die Europäische Flagge. Das Wahlergebnis könnte nicht eindeutiger sein: die pro-europäische „Partei der Aktion und Solidarität“ (PAS) von Staatspräsidentin Maia Sandu behält mit 50,2 Prozent die klare Mehrheit im Parlament. Ein Aufatmen für Sandu, gefolgt von einem Aufschrei des „Patriotischer Blocks“, ein pro-russisches Bündnis aus Sozialisten (PSRM) und Kommunisten (PCM). Denn die Parlamentswahlen stellten eine maßgebende politische Entscheidung zwischen EU und Russland dar. Co-Vorsitzender des Blocks und ehemaliger Präsident Moldaus Igor Dodon spricht von Wahlbetrug „des Westens“ und rief zu Großprotesten auf.
Mögliche Unruhen in kommenden Tagen
Staatspräsidentin Sandu bedankte sich noch am Wahlabend bei den Bürgern für ihre Wahlbeteiligung - sie alle hätten „heute die Zukunft des Landes für viele Jahre, weit über die kommenden vier Jahre hinaus geprägt“. Die Wahlbeteiligung lag bei 52 Prozent und damit höher als bei den letzten 2021 (48 Prozent). Kurz nach Danksagung warnte Sandu, vor Unruhen und Krawallen von pro-russischen Kräften in den nächsten Tagen. Auch das "Institute for the Study of War" (ISW) alarmiert, dass der Kreml gewaltsame Proteste inszenieren könnte und bereits „Voraussetzungen dafür geschaffen wurden“, um Sandu aus ihrem Amt zu entheben.
Insbesondere wird damit der offen mit dem Kreml verbündeten Patriotischen Block ins Visier genommen. Mit 24,2 Prozent landete er hingegen eigener Erwartungen auf Platz Zwei. Sonst schafften noch das Bündnis „Alternative“ sowie die Parteien „Unsere Partei“ und „Demokratie daheim“ mit ein paar Mandaten den Sprung ins Parlament. Noch bevor es Ergebnisse gab, trat Dodon Sonntagabend im nationalen Fernsehen auf und rief zu einer Protestkundgebung für Montag auf. Er behaupte, seine Oppositionspartei hätte gewonnen. „Die Bürger haben gewählt. Ihre Stimme muss respektiert werden, auch wenn sie euch nicht gefällt“, sagte er und richtete sich dabei an Sandu und ihre Partei. Dodon beklagte, dass vor allem aus der russisch kontrollierten Region Transnistrien Moldauer an der Wahl gehindert worden wären, Russland unterstütze diese Aussage. Trotzdem konnte der Oppositionsführer am Montag nur wenige Unzufriedene auf den Straßen der Hauptstadt versammeln.
Schon am Wahltag vermutete Moldau Russlands Finger im Spiel. Rund um die Wahl wurden landesweite Bombendrohungen an Wahllokalen und Cyberangriffe auf Computer der Wahlbehörden gemeldet. Die OSZE-Wahlbeobachtungsmission bestätigte die Vorkommnisse. Auch Wahllokale in Italien, Rumänien, Spanien und den USA erhielten Drohungen – Russland wies alle Vorwürfe zurück.
Wochenlange russische Einflussnahme
Aber bereits in den Wochen davor hatte Sandu dem Kreml vorgeworfen, sich mit pro-russischer Propaganda in den Wahlkampf einzumischen und so die Wahlen zu manipulieren. Putin hat dafür mehr als 100 Millionen Euro investiert, um zum Beispiel im Ausland lebende Wähler abzuwerben oder junge Männer aus Sportvereinen und kriminellen Netzwerken als Unruhestifter bei Protesten zu rekrutieren. Laut Moldaus Präsidentin hatte es daraufhin verstärkte Polizeipräsenz und sogar Hunderte Razzien und Dutzende Festnahmen gegeben. Den größten Wahlkampf führte Russland aber auf Social Media Plattformen wie TikTok oder Telegram. Anti-EU Parolen und Hassrede gegen Sandu gingen mithilfe manipulierter Algorithmen viral.
Für Russland wäre Moldau ein strategisch gut gelegener Punkt, denn damit hätte der Kreml nicht nur einen direkten Zugang zur westlichen Ukrainegrenze, sondern auch zum EU-Land Rumänien. Zwar ist die im Osten gelegene Region Transnistrien seit 1990 von Moldau gespalten und unter russischer Vorherrschaft, das ganze Land pro-russisch zu trimmen gelang Putin bisher nicht. Mit der pro-europäischen PAS wieder in der Regierung rückt Moldau näher an einen EU-Beitritt. 2022 wurde der Kandidatentitel verliehen und Sandus politischer Kurs sieht einen Beitritt bis 2030 vor.
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