Russland: Minister-Festnahme als "Racheakt der Hardliner"

Schmiergeld.Bekannt ist wenig, gemunkelt wird viel. In den Morgenstunden des Dienstags jedenfalls nahmen Sondereinsatzkommandos des FSB Alexej Uljukajew fest, seines Zeichens Minister für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation. Er soll am Vortag Schmiergeld in der Höhe von zwei Millionen US-Dollar angenommen haben. Und hier beginnen die offenen Fragen: Denn, so der Vorwurf, bezahlt worden sei Uljukajew für seine Zustimmung zu einem Deal, der bereits im Oktober abgewickelt worden war und zu dem sein Ministerium auch die Zustimmung gegeben hatte. Laut der Ermittlungsbehörde geht es bei den Ermittlungen gegen Uljukajew auch nicht um das derart bezahlte Geschäft, sondern nur um die Annahme des Geldes an sich.

Öl-Geschäfte

Im Kern geht es um die Übernahme der staatlichen Mehrheitsanteile des Ölkonzerns Bashneft durch den ebenfalls mehrheitlich staatlichen Öl-Gigant Rosneft. Damit hatte sich Rosneft-Chef Igor Sechin gegen Widerstände durchgesetzt. Denn auch der mehrheitlich private Öl-Konzern Lukoil hatte sich um Bashneft bemüht. Uljukajew, so hieß es, sei für eine Privatisierung gewesen – also für einen Zuschlag an Lukoil.

Alexander Baunow vom Carnegie-Zentrum Moskau sieht in der Festnahme denn auch viel mehr den Ausläufer eines Machtkampfs zwischen in der Tendenz eher liberalen Technokraten (zu denen Uljukajew gezählt wird) und eher zentralistisch orientierten Autokraten (zu denen der Putin-Vertraute Sechin gezählt wird). Eine Art von, wie er sagt, "Racheakt an den Technokraten" sei die Verhaftung Uljukajews gewesen. Dabei habe dieser Machtkampf bereits die Ära nach Putin im Auge. Denn, so Baunow: Die Wahl 2018 werde wohl Putins letzte werden. Und bereits jetzt laufe der Machtkampf um die Zeit danach. Zudem verhalte sich Putin derzeit auffällig ruhig, was das interne Gezerre angehe und gebe keinem der Lager eindeutige Signale.

Während manche Uljukajews Festnahme feierten ("Niemand ist unantastbar, alle Geheimnisse werden aufgedeckt" – Duma-Abgeordnete Natalia Poklonskaja), äußerten andere Zweifel. So der Chef der russischen Handelskammer, Alexander Shokin. Man müsse verrückt sein, um von Sechin, einem der einflussreichsten Menschen in Russland, Schmiergeld zu erpressen, sagte er. Und der Analyst Gleb Pawlowsky schrieb: "Wenn sich der Kreml dazu entscheidet, politisch aktiv zu werden, ruft er die Polizei."

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