Mindestens 125 Tote bei Anschlägen

Menschenrechtsaktivisten berichten von mehr als hundert Toten im Zentrum Syriens.

Die Gewalt in Syrien nimmt kein Ende. Am Dienstag sind bei Bombenanschlägen auf ein von Alawiten bewohntes Dorf bis zu 200 Menschen getötet worden. Die Opferangaben schwankten jedoch erheblich. Nach einem Bericht der in Großbritannien befindlichen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab es mindestens 125 Todesopfer. Lokale Gruppen berichteten sogar von 200 Toten, andere Quellen gaben die Zahl mit zehn weit niedriger an. Die Aufständischen eroberten nahe der Großstadt Aleppo die letzte Hochburg der Armee in der Region.

Laut dem Leiter der in London ansässigen Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, konnten die Anschläge auf das Dorf Akrab in der Provinz Hama nicht mit Sicherheit den Rebellen zugeordnet werden. "Aber wenn dies der Fall ist, ist es die größte Racheaktion der Rebellen" gegen alawitische Zivilisten, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Zur religiösen Minderheit der Alawiten gehört auch der syrische Präsident Bashar al-Assad.

Im Norden Syriens lieferten einander Rebellen und Regierungssoldaten laut der Beobachtungsstelle schwere Gefechte rund um eine der größten Militärakademien des Landes, die die Aufständischen schließlich für sich entschieden. 36 Regierungssoldaten seien getötet und etwa 60 weitere verletzt worden. Die Basis galt als letzte bedeutende Stellung der Armee in der Region um die nord-westlich gelegene Metropole Aleppo.

Selbstmordattentate

An den Kämpfen um die Militärakademie waren mehrere Rebellen-Brigaden beteiligt, darunter auch mit Ausländern durchsetzte Jihadisten-Brigaden wie die Al-Nusra-Front. Die US-Regierung setzte diese Gruppierung und ihre Anführer am Dienstag wegen ihrer Verbindungen zu Al-Kaida auf eine schwarze Liste. Washington stufte die Al-Nusra-Front dabei als "ausländische Terrororganisation" ein.

Die Al-Nusra-Front hatte in der jüngsten Vergangenheit die Verantwortung für mehrere Selbstmordattentate in Syrien mit zahlreichen Toten übernommen. Die extremistische Gruppe lehnt die jüngst gebildete Syrische Nationale Koalition als Vertretung der Opposition ab und zielt stattdessen auf die Bildung eines streng islamischen Staates ab.

In einem von Kurden bewohnten Viertel der Provinzhauptstadt Aleppo kamen bei einem Mörserangriff laut Aktivisten elf Menschen ums Leben, unter ihnen drei Kinder. Keine Bestätigung von unabhängiger Seite gab es für Berichte, wonach 50 Soldaten und Offiziere, die auf dem Militärflughafen Minach nahe der türkischen Grenze stationiert waren, desertiert sein sollen. Ein Dissident aus Aleppo berichtete, schwer bewaffnete Rebellen hätten den Flughafen umstellt.

In Damaskus soll es erneut Razzien gegeben haben. Die Regimegegner zählten am Nachmittag landesweit 35 getötete Aktivisten und Zivilisten.

Freunde des syrischen Volkes

Am Mittwoch soll im marokkanischen Marrakesch zum vierten Mal die internationale Ministerrunde der sogenannten Gruppe der Freunde des syrischen Volkes stattfinden. Er rechne mit einer "Aufwertung" der Syrischen Nationalen Koalition, sagte Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vor seiner Teilnahme an dem Treffen. Das Oppositionsbündnis solle ein "Ansprechpartner für einen politischen Prozess zur Lösung des Syrien-Konfliktes" werden.

Die Zahl der syrischen Flüchtlinge ist nach UN-Angaben über die Marke von einer halben Million Menschen gestiegen. Derzeit kämen jeden Tag rund 3000 zusätzliche syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern und Nordafrika an, teilte das UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Genf mit.

Oppositionelle berichteten, angesichts des erwarteten Sturzes des Regimes von Präsident Assad habe sich die US-Regierung jetzt mit Russland auf einen Plan für die Übergangszeit verständigt. Dieser sieht angeblich die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit vor. Deren Aufgabe soll es sein, einen völligen Zerfall der Institutionen zu verhindern. Als Vorsitzender der Übergangsregierung ist angeblich der frühere Ministerpräsident Riad Hedschab im Gespräch. Ein Präsident und ein neues Parlament sollten demnach 2014 gewählt werden.

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