Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause

Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause
Die gigantische PR-Show findet trotz hoher Infektionszahlen statt. Sie soll Putins Amtsverlängerung sichern – doch es gibt Widerstand.

Eigentlich hätte Emmanuel Macron neben ihm sitzen sollen, am Tag des Sieges über die Nazis, dem höchsten weltlichen Feiertag Russlands. Frankreichs Präsident neben Putin, und das vor russischen Panzern am Roten Platz – welch ein Bild.

Daraus ist bekanntlich nichts geworden. Russlands Präsident musste die große Parade im Mai absagen, Corona hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt, wenn sie am Mittwoch nachgeholt wird, wird darum ein Veteran neben Putin sitzen: Der ältere Herr ist seit zwei Wochen in Quarantäne, um den Kremlherrscher ja nicht anzustecken.

Putin isoliert sich

Das illustriert gut, wie zweigesichtig derzeit mit der Pandemie in Russland umgegangen wird: Putin selbst isoliert sich, lässt jeden Besucher in seiner Einsatzzentrale vor den Toren Moskaus durch einen Desinfektionstunnel gehen und testen.

Die Tausenden Soldaten, die am Mittwoch mit schwerem militärischem Gerät eine Machtdemonstration im Dienste ihres Präsidenten absolvieren, werden dem Virus aber  genauso ausgesetzt wie die Massen, die bei den traditionellen Märschen des „Unsterblichen Regiments“ mitgehen, das zwei Tage später der Gefallenen gedenkt.

Das Land verzeichnet täglich nämlich mehr als 7.000 Neuinfektionen, gut 1000 davon  in der Metropole  Moskau – so viele wie Anfang Mai.

Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause

Putins Medieninszenierung um das Weltkriegsgedenken

Die geballte Stärke der russischen Armee wird bei der Parade am Mittwoch gezeigt, für die intensiv geprobt wurde

Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause

Die spektakulären Bilder sollen Kremlchef Wladimir Putin zum Sieg beim Verfassungsreferendum eine Woche später verhelfen

Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause

Flugzeuge über dem Roten Platz in Moskau

Militärparade in Moskau trotz Corona: Putin befiehlt Virus eine Pause

Am Montag besuchte Putin die neu eröffnete „Kirche des Sieges“, die dem 75. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus gewidmet ist und als Hauptkirche der Streitkräfte dient. Sie ist nach der Erlöserkathedrale in Moskau und der Isaakskathedrale in St. Petersburg die drittgrößte Kirche des Landes

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Im Patriot Park, in dem die Kirche liegt, legte Putin einen Kranz nieder

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Bei einer Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten in Moskau traf Putin Kriegsveteranen

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Weitere Bilder der Proben für die Militärparade

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Das Virus? Ist „besiegt“

Warum Putin das nonchalant beiseite schiebt?  Genau eine Woche nach der Parade findet das Referendum zur Verfassungsänderung statt, bei dem über eine Verlängerung von Putins Amtszeit entschieden wird. Er könnte dann bis 2036 an der Macht bleiben – bis er 84 ist.

Allein, die Umfragen verheißen Putin keinen Erdrutschsieg. Knapp 44 Prozent befürworten die Verfassungsänderung, und nur  20 Prozent der Russen wollen laut Schätzungen überhaupt abstimmen – das wäre für den Kreml gelinde gesagt ein Desaster.

Die pompöse Parade soll Putin darum nicht nur als PR-Show dienen, sonder auch als Zeichen dafür, dass das Leben sich wieder normalisiert hat: Putin ließ Anfang Juni dafür schon den Lockdown deutlich früher beenden; nicht umsonst  sprach er davon, dass Russland das Virus „besiegt hat“.

Leiser Widerstand

Das kam damals nicht bei allen Mitstreitern gut an. Sergej Sobjanin, als Bürgermeister von Moskau jener Mann, der mit den meisten Coronafällen zu kämpfen hat, nahm die verordnete Lockerung nur murrend zur Kenntnis.

Und auch in manchen Regionen will man sich die Parade nicht vom Kreml vorschreiben lassen: Mittlerweile haben zwölf Großstädte wie Perm, Saransk, Belgorod oder Kursk haben die Paraden abgesagt oder zumindest verschoben.

Sobjanin, der lange als enger Mitstreiter Putins gegolten hat, hat die Parade zwar nicht verhindern können. Er sorgte aber dafür, dass sich zumindest nicht viel Zuseher am Straßenrand drängen. „Bitte sehen Sie sich die Parade im Fernsehen zu Hause an“, so sein Appell.

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