Russischer Politiker: Flynn wurde zu Rücktritt gezwungen
Es ist ein Erdbeben im Weißen Haus: Der nationale Sicherheitsberater der neuen US-Regierung, Michael Flynn, ist wegen umstrittener Russland-Kontakte zurückgetreten. Flynn habe eingeräumt, dass er Vizepräsident Mike Pence irrtümlich unvollständig über ein Telefonat mit dem russischen Botschafter informiert habe, teilte das Präsidialamt in Washington in der Nacht auf Dienstag mit.
Ein hochrangiger russischer Außenpolitiker hat den Rücktritt als Versuch gewertet, eine Annäherung zwischen den Regierungen in Washington und Moskau zu behindern. "Es ist offensichtlich, dass Flynn sein Rücktrittsgesuch unter Druck schreiben musste", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Leonid Sluzki, am Dienstag. Ziel sei auch gewesen, das Vertrauen in die neue US-Regierung zu untergraben. "Wir werden sehen, wie sich die Lage entwickelt", so Sluzki laut Nachrichtenagentur RIA.
Kriegsveteran übernimmt Aufgaben
Ex-General Keith Kellogg (72) werde vorläufig seine Aufgaben übernehmen, ein hochdekorierter Veteran des Vietnamkriegs. Kellog war unter der Bush Jr.-Regierung im zweiten Irak-Krieg an der Übergangsregierung in Bagdad beteiligt und heuerte später bei US-Privatunternehmen an, die ebenfalls im Irak tätig waren. Kellog war bereits Mitglied von Trumps Übergangsteam gewesen.
Laut Medienberichten ist auch General David Patraeus ein Thema für die permanente Nachfolge. Petraeus wiederum musste 2012 wegen einer vom FBI entdeckten außerehelichen Affäre als CIA-Chef zurücktreten. Wie der Nachrichtensender CNN berichtete, gilt außerdem der ehemalige Vizeadmiral Robert S. Harward als Nachfolgekandidat.
Das Gespräch mit dem russischen Botschafter in den USA, das Flynn vor dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump im vorigen Monat geführt hatte, steht im Zentrum der aktuellen Affäre. Medienberichten soll er dabei auch über die US-Sanktionen gegen Russland gesprochen haben. Die damalige Justizministerin Sally Yates sei zu dem Schluss gekommen, dass sich Flynn dabei möglicherweise erpressbar gemacht habe. Sie habe das bereits damals der Trump-Regierung mitgeteilt, berichtet die Washington Post. Amerikanischen Bürgern ist es verboten, ohne Legitimation mit anderen Staaten zu verhandeln.
Flynn: Einpeitscher für Trump
Der frühere Chef des Militär-Geheimdienstes DIA spielte eine bedeutende Rolle während des Wahlkampfes von Trump. Bei Kundgebungen hielt Flynn oft die Einführungsrede, bevor Trump auf die Bühne kam.
Trump ist noch keine vier Wochen im Amt. Es geht um den Vorwurf, dass Flynn mit dem Diplomaten Sergei Iwanowitsch Kisljak im Dezember über Sanktionen gegen Moskau gesprochen und dazu später falsche Angaben gemacht haben soll - unter anderem gegenüber Vizepräsident Mike Pence.
In seinem Rücktrittsgesuch spricht Flynn davon, er habe unabsichtlich die Unwahrheit gesagt. Er habe seine gesamte Karriere aufs Äußerste auf Ehrenhaftigkeit und Aufrichtigkeit Wert gelegt.
Trump hatte sich zuletzt auffällig still zu Flynn verhalten und ihn nicht öffentlich verteidigt. Als Stephen Miller, ein Berater von Donald Trump, am Sonntag gefragt wurde, ob Flynn noch das Vertrauen des Präsidenten genieße, wollte auch er keine Antwort geben.
Russlandfreundlich
Flynn hatte Ende Dezember mit dem Botschafter telefoniert, etwa zur gleichen Zeit, als der scheidende Präsident Barack Obama neue Sanktionen gegen Russland verhängte. Das Weiße Haus bestätigte die Kontakte. Trumps Sprecher Sean Spicer sagte jedoch, dabei sei es nicht um die Sanktionen gegangen. Diese Aussage wurde später auch von Vize-Präsident Mike Pence wiederholt. Später stellte sich unter Berufung auf ehemalige und aktuelle Regierungsvertreter heraus, dass es in dem Gespräch sehr wohl um die Sanktionen gegangen sei.
Flynn trat wiederholt dafür ein, die Beziehungen mit Russland zu verbessern und gemeinsam die Terrormiliz Islamischer Staat zu bekämpfen. Trump hatte ihn im Februar 2016 zu seinem Berater für Sicherheitsfragen gemacht. Er entwickelte sich zu einem der loyalsten Köpfe. Schon während des Wahlkampfes sorgten seine Verbindungen nach Russland für Irritationen. Ende 2015 hatte er an einem Jubiläum des staatlichen Senders Russia Today teilgenommen und saß dort neben Kremlchef Wladimir Putin.
An der Person Flynns entzündete sich von Beginn an Kritik. Grund waren seine politisch oft extremen Positionen, auch und vor allem gegenüber dem Islam.
Michael Flynn war einer der Generäle in Trumps Regierungsmannschaft. Der 57-Jährige hat in den US-Streitkräften vor allem als Geheimdienstler Karriere gemacht. Er leitete unter anderem die Geheimdienstoperationen in Afghanistan.
Trotz seiner Tätigkeit in oft geheimer Mission hat Flynn das offene Wort besonders nach seinem Ausscheiden aus der Armee nicht gescheut. Der Mann aus dem Bundesstaat Rhode Island äußerte sich wiederholt extrem islamfeindlich. Der Islam sei etwa "eine Ideologie", die sich als Religion tarne und wie ein "bösartiger Krebs". Die Furcht vor Muslimen sei "rational".
Obama entließ Flynn
Im Jahr 2014 musste der drahtige General Flynn unter US-Präsident Barack Obama als Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA nach zwei Jahren im Amt gehen. Ihm wurden massive Führungsprobleme vorgeworfen, vor allem schien er eine andere Auffassung zum islamischen Terrorismus zu vertreten als die Regierung.
Flynn beschuldigte die Obama-Administration, mit ihrer Unterstützung der syrischen Rebellen insgeheim dem Terrornetzwerk Al-Kaida zu helfen. Das ist auch der Vorwurf, der von Moskau aus an die USA gerichtet, von Washington aber stets zurückgewiesen wurde.
Von Trump in sein Sicherheitsteam geholt, telefonierte Flynn bereits im Dezember mit dem russischen Botschafter Sergei Kisljak - noch ehe er ein offizielles Amt innehatte. Dabei ging es auch um den Abbau von Sanktionen gegen Russland, die die Obama-Administration wegen russischen Hackings erlassen hatte.
Nach der US-Gesetzgebung ist es einem amerikanischen Bürger verboten, ohne entsprechende Legitimation mit einem anderen Staat zu verhandeln - vor allem, wenn es um die Interessen der USA geht. Ohnehin waren Flynns offenbar enge Kontakte nach Moskau stets kritisch beäugt worden. Unter anderem trat er als bezahlter Experte im staatsnahen russischen Fernsehsender RT auf.
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